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Geschenke fürs Kapital
Felix Sassmannshausen über die soziale Verpackung der Kurzarbeit
Bei der kürzlich per Verordnung beschlossenen Verlängerung der Kurzarbeit behauptete Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD), es gehe darum, qualifizierte Arbeitsplätze zu sichern. Doch eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass insbesondere Arbeiter*innen mit geringer Qualifikation und niedrigen Einkommen in den vergangenen Krisen in Kurzarbeit geschickt wurden – existenzielle Einkommenseinbußen inklusive. Und auch wurden langfristig weniger Jobs gerettet als behauptet, wie die IAB-Zahlen zeigen.
Die Unternehmen sind indes begeistert von flexiblen Einsatzmöglichkeiten ihrer Ware Arbeitskraft und dem staatlichen Liquiditätsbonus. Durch laxe Regelungen freuen sie sich über Mitnahmeeffekte, indem sie auch Beschäftigte in Kurzarbeit schicken, ohne dass deren Arbeitsplätze bedroht wären. Auch die Grenze zum Betrug wird leicht überschritten, etwa als in der Corona-Pandemie im Einzelhandel vielfach Kurzarbeit angemeldet wurde, Arbeiter*innen aber unter der Hand voll weiterarbeiten mussten.
Bloße Konstruktionsfehler, könnte man entgegnen. Aber Zeit, das Kriseninstrument zu verbessern, hätte es genug gegeben. Triftiger ist es anzunehmen, dass wieder ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk an Unternehmen ausgehändigt wird – rhetorisch sozial verpackt und durch die Hintertür. Denn über die Finanzmittel der Arbeitsagentur spart man sich den lästigen demokratischen Weg über den Haushalt. Dass die Mittel dann an anderer Stelle fehlen, dürften wiederum Bürgergeld-Empfänger*innen bald zu spüren bekommen. Frohe Feiertage allerseits.
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