»Ich arbeite mein Hobby«

Dellings Woche heißt die neue Talksendung beim WDR – auf Frank Plasbergs Sendeplatz

  • Lesedauer: 4 Min.
GERHARD DELLING (Foto: dpa) hat seit November den Sendeplatz von Frank Plasberg beim WDR. Über »Dellings Woche« sprach JAN FREITAG mit dem Moderator.

ND: Herr Delling, warum haben Sie nicht Günter Netzer in Ihre erste Talkshow eingeladen?
Delling: Er wäre natürlich immer erste Wahl, weil er einen ganz speziellen, interessanten Charakter hat. Aber es müsste dazu eben auch einen Anlass geben.

Er sagte mal, dass Sie immer noch weiterreden, wenn längst alles gesagt ist.
Na ja, nicht immer. Aber ich bin so großgeworden, dass neben all dem Smalltalk eben oft auch tiefer gehend und hartnäckig diskutiert wurde.

Ist ihre Mitteilungsfreude für einen Moderator eher hinderlich oder förderlich?
Sie prädestiniert nicht, bewirkt aber auch nicht das Gegenteil, denn die Arbeit bleibt davon erstmal unberührt. Da habe ich auch eine andere Funktion und Rolle.

Es wird ja gerade am Beispiel von Will und Christiansen diskutiert, wie sehr sich Moderatoren ins Gespräch einbringen sollten.
Das hängt sehr vom Format ab. »Dellings Woche« wird keine reine Talkshow, aber Moderator kam ja mal vom Wort moderat, er sollte also eher ausgleichend als beeinflussend tätig sein. Das hat sich kolossal geändert. Heute gilt es viel eher als früher, eigene Persönlichkeit zu zeigen, um auch die der anderen erkennen zu können. Bei unserem Format ist es nicht die Aufgabe, mich zu präsentieren, aber über mein Verständnis das des Gastes ausfindig zu machen.

Worum geht es noch?
In erster Linie um Charaktere und Persönlichkeiten zu aktuellen Themen und Motivationen. Bei Prominenten sind oft starke Persönlichkeiten dabei, aber sie spielen nur dann eine Rolle, wenn sie gute Geschichten erzählen. Wir suchen nicht gezielt nach ihnen. Ich freue mich über jeden, der etwas zu sagen hat.

Aus dem Sportinterview sind Sie inhaltsleere Aussagen am Spielfeldrand gewöhnt.
Ein Fußballspieler nach dem Abpfiff oder ein Sprinter nach dem Zieleinlauf muss keine hintergründigen Fragen beantworten, sondern unmittelbare Eindrücke wiedergeben. Die spielen im neuen Format nun überhaupt keine Rolle.

Gibt es Gemeinsamkeiten zum Vorgänger Frank Plasberg?
Nur eine gemeinsame Zeit beim SWR. Ansonsten ist das doch bis auf den Sendeplatz etwas völlig anderes.

Dennoch wird man Sie an ihm messen.
Das wird sich relativ schnell erledigen. Wir senden nicht im luftleeren Raum und brauchen Leute, die sich dafür interessieren, sonst hat es keinen Sinn. Und Frank Plasberg hat da eine riesige Quote hingelegt. Nur – die musste er sich auch erst erarbeiten. Da hoffe ich, die gleiche Zeit zum Gelingen zu kriegen. Ich gehe mal davon aus, dass es mit der Verlängerung auf 90 Minuten Anfang des Jahres ein dreiviertel Jahr sein dürfte.

Könnte es ein Problem werden, dass man von Ihnen ständig Sportthemen erwartet?
Nein, das wurde vom WDR auch abgefragt, aber ich habe Zeit meines Lebens auch andere Sachen gemacht als Sport, der natürlich weiterhin eine große Rolle spielen wird. Die Tagesthemen zu moderieren etwa, oder »Zapp« und »das!« im NDR.

Die »Bild«-Zeitung hat Sie 2003 zum glaubwürdigsten Sportreporter ernannt. Kann das mit dem Erscheinungsbild zu tun haben? Sie sind äußerlich die Arglosigkeit in Person, frei von jedem Glamour.
Das kann sein, aber festmachen sollte man es daran nicht, eher schon am gesamten Habitus. Glaubwürdigkeit kann man sich nicht erarbeiten und man kann sich auch nicht immer verstellen. Mit einer Rolle erringt man keine Glaubwürdigkeit. Über jeden Menschen werden ständig Schubladen hinweg gebaut. Aber ich mache im 20. Jahr Sportschau. Da kann man immer mal Ausreißer nach oben oder unten sein, wird aber deshalb nicht anders bewertet.

Sie haben sich mal als konservativ, aber auch kleiner Revoluzzer bezeichnet. War das schon ein Versuch, der Schublade durch die Extreme zu entfliehen?
Das Konservative an mir ist, dass ich an Werte glaube und mich nach ihnen richte, der Revoluzzer – diese Bezeichnung war natürlich nicht ernst gemeint –, dass ich trotzdem immer an Veränderungen glaube, die wir suchen müssen und gegen etablierte Meinungen, das Establishment durchsetzen.

Haben Sie mal erfolgreich gegen alte Strukturen rebelliert?
Wenn es immer erfolglos gewesen wäre, stünde ich nicht, wo ich stehe.

Und taugen Sie zum Schrotthändler?
(lacht) Da bin ich guter Hoffnung. Und das ist noch immer eine Seite, die mich sehr interessiert. Etwas wirtschaftlich eigenverantwortet auf die Beine zu stellen, hat mich immer schon interessiert. Aber mein Vater hat seinen Schrott- und Recyclinghandel längst verkauft, wobei es normal gewesen wäre, dass ich ihn übernehme, und in den Ferien hab' ich auch immer ausgeholfen. Trotzdem hat er mich nie gefragt.

Mein Vater meinte, immer Siebentagewochen – das sei zu viel Arbeit, da hätte ich Besseres verdient. Er wusste wohl nicht so ganz genau, dass Sport vor allem am Wochenende stattfindet. Aber er hatte schon Recht: Ich hab' ja keine Arbeit, ich arbeite mein Hobby.

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