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Innenminister diskutieren über Konsequenzen der AfD-Einstufung
Hessen und Bayern kündigen Überprüfung von Beamten an
Bremen. Nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz debattieren die Bundesländer über die Folgen. Das Thema soll auch bei der nächsten Innenministerkonferenz der Länder besprochen werden, wie eine Sprecherin des IMK-Vorsitzenden sagte. Den Vorsitz hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) in diesem Jahr inne. Die Konferenz ist für den 11. bis 13. Juni 2025 in Bremerhaven geplant. Diskutiert wird über dreierlei: mögliche Folgen für AfD-Mitglieder im Staatsdienst, die staatliche Parteienfinanzierung und ein mögliches AfD-Verbotsverfahren.
Inhaltlich wollte sich Mäurer wegen seiner koordinierenden Rolle nicht äußern. Das taten aber andere Länder-Innenminister. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte der »Bild«: »Wir müssen auch prüfen, welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss.« Auch gebe die Entscheidung des Verfassungsschutzes »Anlass, zu prüfen, ob die AfD auf dieser Grundlage von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden kann«.
Hessens Innenminister Roman Poseck (CDU) hatte bereits am Freitag gesagt: »Wir werden auch prüfen, inwieweit die Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz Auswirkungen auf AfD-Mitglieder und Funktionäre im öffentlichen Dienst hat.« Mitarbeiter in Polizei und Verwaltung müssten die Gewähr dafür bieten, dass sie jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung eintreten. Deshalb werde er das Thema zum Gegenstand der nächsten Innenministerkonferenz Mitte Juni in Bremerhaven machen. Auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte an, zu prüfen, »welche Konsequenzen diese Einstufung für die Tätigkeit von AfD-Mitgliedern im öffentlichen Dienst haben muss«.
Laut Recherchen von »Stern« und RTL werden derzeit gegen mindestens 193 Polizeibeamt*innen in 16 Bundesländern Disziplinarverfahren oder Ermittlungen wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Gesinnung und/oder Verschwörungsideologien geführt – wobei die tatsächliche Zahl vermutlich erheblich höher ist, da Nordrhein-Westfalen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern keine eindeutigen aktuellen Angaben liefern konnten.
Mögliches Verbotsverfahren unter den Innenministern umstritten
Umstritten ist unter den Innenministern ein mögliches Verbotsverfahren, das Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung auf den Weg bringen könnten. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der »Bild«: »Die Einleitung eines Verbotsverfahrens ist die logische Konsequenz aus dieser Entscheidung und muss nun konsequent als Nächstes angegangen werden.«
Sein Hamburger Amtskollege Andy Grote (SPD) äußerte sich zurückhaltender. Er sagte der Zeitung, für ein mögliches Verbotsverfahren sei die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch – sollte sie gerichtlich bestätigt werden – eine notwendige, aber keine ausreichende Voraussetzung. Ob ein Verbotsverfahren mit der erforderlichen sehr hohen Erfolgsaussicht geführt werden könnte, wäre im nächsten Schritt vom Verfassungsschutz beziehungsweise Bundesinnenministerium zu prüfen.
Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg hält Debatten über ein AfD-Verbotsverfahren für verfrüht. Sie erwarte, dass die Partei gegen die Einstufung als gesichert rechtsextremistisch durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gerichtlich vorgehen werde, sagte die CDU-Politikerin und frühere Vizepräsidentin des Verfassungsschutzes im Deutschlandfunk. Sie verwies darauf, dass das Jahre dauern könnte. Wenn irgendwann Verwaltungs- und Oberverwaltungsgericht Entscheidungen treffen, sei das der Zeitpunkt für die politischen Verantwortlichen, darüber nachzudenken. »Aber zum jetzigen Zeitpunkt stellt sich diese Frage nicht«, betonte Badenberg.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte ein einheitliches Vorgehen. Der Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Andreas Roßkopf, sagte der »Rheinischen Post« (online), darauf müssten sich Länder und Bund verständigen. Hinsichtlich der Bundespolizei betonte der Gewerkschaftschef: »Bisher gibt es aus dem Bundesinnenministerium und auch aus der Führung der Bundespolizei noch keine Vorgehensweise.«
Die Landesämter für Verfassungsschutz in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt hatten die jeweiligen AfD-Landesverbände bereits zuvor als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft. In mehreren anderen Bundesländern wie Brandenburg gilt die Partei als rechtsextremer Verdachtsfall. Mehrere Bundesländer hatten am Freitag deutlich gemacht, dass die Einstufung durch das Bundesamt keine unmittelbaren Folgen für sie habe, die Erkenntnisse aber auf Landesebene in die Beobachtung der dortigen Verfassungsschutzämter einfließen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht beklagte nach der Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch einen »autoritären Umbau« der Gesellschaft. Die geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) habe der Demokratie einen Bärendienst erwiesen, sagte die Parteigründerin und Bundesvorsitzende Wagenknecht. dpa/nd
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