Kommt McDonald’s nach Russland zurück?

In Russland werden Bedingungen für die Rückkehr westlicher Konzerne verhandelt, die das Land 2022 verließen

  • Ewgeniy Kasakow
  • Lesedauer: 4 Min.
Eine Filiale des McDonald’s-Nachfolgers Wkusno it totschka in Samara
Eine Filiale des McDonald’s-Nachfolgers Wkusno it totschka in Samara

Es war das Symbol des Rückzugs des Westens aus Russland im Sommer 2022: Überall im Land verschwand das markante McDonald’s-Logo – einst das Symbol für den Einzug von Kapitalismus und westlicher Lebensweise – und wurde durch »Wkusno i totschka« (Lecker und Punkt) ersetzt. Wie viele andere westliche Unternehmen verließ die US-Fastfoodkette nach dem Angriff auf die Ukraine Russland. Für den Kreml eine günstige Gelegenheit: »Sanktionen sind eine Chance für die nationale Ökonomie« wurde zur Devise der Wirtschaftspolitik.

McDonald’s verkaufte seine Filialen eilig offiziell an den Lizenzpartner Alexander Gowor, einen Unternehmer aus der mittelsibirischen Bergarbeiterstadt Kemerowo, der mit Kohleförderung und Ölverarbeitung ein Vermögen gemacht hatte. Russische Medien berichteten damals, dass der Kaufvertrag die Rückkaufoption bis 2037 beinhalte. Mittlerweile hat Wkusno i totschka über 920 Filialen in 65 Regionen und beschäftigt 64 000 Menschen.

Besonders in der Gastronomie gibt es mehrere Fälle solcher Verkäufe und Umbenennungen. Die Kaffee-Kette Starbucks ist jetzt Stars Coffee und wird vom Rapper Timati und einem Geschäftspartner betrieben. Als Rückkaufsumme werden 270 Millionen US-Dollar kolportiert. Aus der Hähnchen-Kette KFC wurde nach dem Verkauf Rostic’s. Für viele Russen Nostalgie pur, gab es diese Kette doch bereits in den 90ern.

Ende April beantragte McDonald’s beim Patent- und Markenamt Rospatent die Neuregistrierung seines Handelszeichens, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Damit sorgte der Burgerbrater für Spekulationen über eine vorzeitige Rückkehr nach Russland und auch über ein mögliches Ende des Ukraine-Kriegs, das als Voraussetzung gilt. Doch die McDonald’s-Pressestelle dementiert die Rückkehrpläne, es handele sich um eine Standardprozedur, um die Nutzung der Marke durch andere Unternehmen zu verhindern.

Dass sich die Gerüchte dennoch halten, liegt auch daran, dass gleich mehrere Unternehmen wie Chanel, Rolex und Hyundai ihr Handelszeichen erneuerten. Ebenso wie der schwedische Möbelgigant Ikea, dessen Geschichte symbolisch für die vergangenen drei Jahre steht. Nach dem Rückzug besetzten die russische Kette Gud Lakk und das belarussische Swed House das Marktsegment des schwedischen Händlers. Die Lagerbestände des Originals erstand Yandex Market für 12,9 Milliarden Rubel (138 Millionen Euro) und verkaufte sie über das Internet, bis ein Moskauer Gericht den Deal im vergangenen Mai als »sittenwidrig« einstufte. Die letzten Lagerbestände verkaufte Ikea erst im November 2024.

Im April verlangte die Vereinigung der Unternehmen der Möbel- und Holzverarbeitungsindustrie (AMDPR) vom Ministerium für Industrie und Handel Schutzzölle gegen die Möbelimporte aus dem »feindlichen Ausland«. Damit seien in erster Linie Deutschland und Italien gemeint, die nach China und Belarus Rang drei und vier unter den Importstaaten belegen, erläuterte AMDPR-Generaldirektor Timur Irtuganow der Tageszeitung »Kommersant«. Insgesamt, so Irtuganow, importiere Russland jährlich Möbel im Wert von 20 Milliarden Rubel (214 Millionen Euro) aus »nichtfreundlichen Staaten«.

Selbst wenn ausländische Unternehmen nach Russland zurückkehren wollen, einfach wird es für sie nicht. Im März verkündete Präsident Wladimir Putin auf einer Sitzung der Russischen Union Industrieller und Unternehmer, dass für Firmen, deren Märkte nun von russischen Unternehmen besetzt sind, »der Zug abgefahren« sei.

Aktuell arbeitet die russische Regierung an einer Liste mit Bedingungen für die Rückkehr. Bisher sind folgende Punkte bekannt: Das Unternehmen hat seinen russischen Angestellten bis zum Rückzug Gehalt gezahlt, es darf keinerlei Schulden etwa bei der Steuer haben. Außerdem, und dieser Punkt dürfte wesentlich heikler sein: Das Unternehmen darf weder die ukrainische Armee, »ausländische Agenten« noch »unerwünschte Organisationen« finanziell unterstützt haben. Laut Regierungschef Michail Mischustin soll eine spezielle Kommission über jedes Unternehmen gesondert entscheiden.

Nicht zuletzt stellt sich auch die Frage, ob die russische Elite die Rückkehr ausländischer Unternehmen überhaupt will. Spätestens mit der Übernahme der Danone-Aktiva durch die tschetschenische Herrscherfamilie Kadyrow ist klar, dass Russlands Reiche sich eine neue lukrative Einkommensquelle gesichert haben.

Bereits Anfang 2024 berichtete die oppositionelle Nachrichtenseite Proekt, dass Alexander Gowor beim Kauf der McDonald’s-Filialen lediglich als Strohmann für den Unternehmer Arsen Kanokow diente. Kanokow war von 2005 bis 2013 Präsident der Nordkaukasus-Republik Kabardino-Balkarien und sitzt heute als Senator im Föderationsrat, dem Oberhaus des russischen Parlaments. Laut »Forbes« belegte er 2021 mit einem Vermögen von 750 Millionen US-Dollar Rang 160 unter den reichsten Russen. Kanokow soll der Proekt-Recherche zufolge auch in die Deals mit Starbucks und KFC involviert sein, ebenso in den Verkauf der deutschen Baumarktkette Obi. Diese ging im Juli 2022 für eine »symbolische Summe« an eine vermeintliche Strohfirma Konakows. Inzwischen soll der Multimilliardär Alexei Mordaschew Besitzer sein.

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