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Kündigungen im Asta der Universität Potsdam: Der Einschlag sitzt
Kündigungen von Beschäftigten des Asta der Universität Potsdam wohl wirksam
Während drinnen die erste Verhandlung anläuft, gibt man sich vor dem Gericht noch kämpferisch. »Heute sieht alles danach aus, dass endlich der Tag der Gerechtigkeit da ist«, sagt eine ehemalige Mitarbeiterin des studentischen Kulturzentrums (Kuze) in Potsdam. Sie spricht den gekündigten Mitarbeiter*innen des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) der Universität Potsdam ihre Solidarität aus. 11 von 14 Mitarbeiter*innen des Asta waren im vergangenen Oktober gekündigt worden. Seitdem streiten die Parteien um die Rechtmäßigkeit der Kündigungen. Unter den Gekündigten sind auch alle hauptamtlichen Mitarbeiter*innen des Kuze. Am Mittwoch werden vor dem Arbeitsgericht in Potsdam sechs Fälle verhandelt.
An die Stelle der Zuversicht tritt bei den ehemaligen Beschäftigten und ihren Unterstützer*innen bald Irritation und Ernüchterung. Am Ende fließen auch ein paar Tränen. Zwar weist der zuständige Richter die fristlosen Kündigungen ab, sie seien zu allgemein gehalten und ließen kein individuelles Schuldverhalten der Beschäftigten erkennen.
Allerdings stellt er in Aussicht, dass er im Falle eines Urteilsspruches die ordentlichen Kündigungen wohl als wirksam erachten würde. Wohl auch deshalb stimmen die ehemaligen Beschäftigten zu, die Kündigung unter Zahlung einer Abfindung anzuerkennen. Einen solchen Vergleich hatte der Asta bereits angeboten. Am Dienstag wird er zwischen dem neuen Vorstand und den ehemaligen Mitarbeiter*innen geschlossen.
Die Arbeitsverhältnisse endeten somit am 31. Januar 2025. Gehälter, die die Beschäftigten für diesen Zeitraum noch nicht erhalten haben, werden nachgezahlt. Abhängig vom Monatsgehalt und der Beschäftigungsdauer zahlt der Asta zwischen 4000 und 6500 Euro pro Gekündigtem. Da das Geld noch vom Studierendenparlament offiziell freigegeben werden muss, räumt sich der Asta eine Widerrufsfrist von zwei Wochen ein.
Mit Blick auf die »überdurchschnittlichen Abfindungszahlungen« spricht Rechtsanwalt Jörg Schindler, der die Asta-Beschäftigten vertritt, am Mittwoch von einem »Teilerfolg«. Indes geht es in dem Konflikt nicht allein um Kündigungen. Da der Asta nicht mehr als zehn Beschäftigte umfasste, greift der gesetzliche Kündigungsschutz nicht. Kündigungen können somit ohne Begründung erfolgen. Allerdings ist strittig, ob nicht der Personalrat des Asta hätte angehört werden müssen. Die Rechtsdezernentin der Universität Potsdam war auf eine Anfrage des Asta zu der Ansicht gelangt, dass der Asta nicht personalratsfähig sei. Der Asta stelle keine Dienststelle des Landes dar, da er über keine*n Leiter*in mit eigenem Entscheidungsspielraum in bedeutenden personellen, sozialen und organisatorischen Angelegenheiten verfüge.
»Sollten am Ende der Asta und die Uni vom Gericht recht bekommen, wäre eine Lücke in der Mitbestimmung ausgemacht.«
Jörg Schindler Rechtsanwalt
Der Richter schien am Dienstag dieser Argumentation zu folgen. Rechtsanwalt Schindler hätte diesbezüglich eine andere Einschätzung erwartet. »Zum einen wäre aus meiner Perspektive ein Personalrat, mit dem der Asta tatsächlich knapp ein Jahr zusammengearbeitet hat, solange existent, bis ein Gericht dies anders beurteilt hätte. Das war zum Zeitpunkt der Kündigungen nicht der Fall«, sagt Schindler. Zum Problem der Personalratsfähigkeit der Allgemeinen Studierendenausschüsse gebe es unterschiedliche Auffassungen. »Sollten am Ende der Asta und die Uni vom Gericht recht bekommen, wäre eine Lücke in der Mitbestimmung ausgemacht.«
Auch Schindler hat sich eine Widerrufsfrist eingeräumt. Er will mit den Gekündigten beraten, ob man es nicht doch auf ein Urteil ankommen lässt und dann in die zweite Instanz geht. Eine rechtliche Klärung wäre auch vor dem Hintergrund wichtig, »den eventuellen Missstand anschließend politisch korrigieren zu können«, sagt Schindler.
Nach Informationen von »nd« hatte der Asta im Mai 2023 selbst zu einer »Personalversammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes« für einen Personalrat eingeladen. Knapp anderthalb Jahre später hatte er den Gewählten dann gekündigt. Der damalige Vorstand um die liberale Hochschulgruppe, der zum Teil auch am Mittwoch die Verfahren verfolgt, hatte die von ihm vorgefundene Lage des Asta als unwirtschaftlich beurteilt. Außerdem sei bis dahin Politik nur für Linke und nicht für die Mehrheit an der Hochschule gemacht worden. Die Kündigungen waren seinerzeit von allen Fraktionen des Studierendenparlaments (Stupa) außer der Linken/SDS mitgetragen worden. Sie seien »nicht politisch motiviert, sondern eine Folge des massiven Vertrauensverlustes zwischen – dem vom Stupa demokratisch gewählten – Asta und Mitarbeiter*innen«, hieß es damals.
Der alte Vorstand war in der Folge des Konflikts zurückgetreten. Vor Gericht wird der Asta mittlerweile von seinem neuen Vorsitzenden vertreten. Sie habe einen positiven Eindruck von ihm gehabt, sagt die ebenfalls gekündigte Projektkoordinatorin des Kuze. Der angerichtete Schaden sei aber immens, und die Stimmen des Strukturabbaus und der Marktradikalisierung im Stupa seien damit auch nicht verstummt. Bis heute gelte für sie und ihre ehemaligen Kolleg*innen ein Hausverbot für das Kuze.
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