Remigrations-Gipfel nahe Mailand

Die italienische Partei Lega macht sich zum Fürsprecher eines »Europa ohne Migranten«

  • Alessandro Braga, Gallarate
  • Lesedauer: 4 Min.
In Mailand gab es große Proteste der Antifa gegen den Remigrationsgipfel.
In Mailand gab es große Proteste der Antifa gegen den Remigrationsgipfel.

Eine schwarze Welle erreichte am Samstag die Kleinstadt Gallarate in der Provinz Varese, nicht weit entfernt vom internationalen Mailänder Flughafen Malpensa. Zahlenmäßig war der Andrang geringer als erwartet: Im Theater Condominio, das die Inszenierung des »Remigrationsgipfels« beherbergte, blieben einige Plätze leer – deutlich weniger als die 400 Teilnehmer, die von den Organisatoren triumphierend angekündigt worden waren. Qualitativ betrachtet war die Veranstaltung jedoch bedeutsam.

Il Manifesto

Der Text wurde »nd« zur Verfügung gestellt von der linken italienischen Tageszeitung »Il Manifesto«, mit der wir kooperieren.

Auf der Bühne zeigte sich der Embryo einer künftigen politischen Führungsklasse auf Weltebene: jung, rhetorisch geschickt und geprägt von einer ideologischen Basis, die am Schlüsselwort dieser Bewegung verankert ist – Remigration. Was man nüchterner als Massendeportation übersetzen könnte. Die Teilnehmer trafen nach und nach ein. Am Eingang gab es keine Schlange, nur einige Ausweichmanöver, um nicht von der bereits aufgestellten Gruppe von Journalisten abgefangen zu werden. Rundherum »filterte« ein beträchtliches Polizeiaufgebot diejenigen, die zum Theater gelangen wollten.

Migrationsfeinde aus ganz Europa und den USA

Die überwältigende Mehrheit der Anwesenden im Saal waren Ausländer. Sie kamen aus ganz Europa und auch aus anderen Teilen der Welt. Es gab junge amerikanische Trump-Anhänger mit Anstecknadeln in den Farben der US-Flagge. Niederländer, die bereit waren, die junge souveränistische Influencerin Eva Vlaardingebroek, einen der Stars der Veranstaltung, begeistert zu beklatschen.

Der geforderte Dresscode »Business Casual« wurde weitgehend eingehalten. Unter einigen Hemdkrägen lugten möglicherweise zweideutige Tätowierungen hervor, aber das Bild, das die Teilnehmer vermitteln wollten, ist das von »anständigen jungen Leuten mit gesundem Menschenverstand«. Auf einem Tisch in der Nähe der Bar lagen Remigrations-Gadgets aus: eine Frühstückstasse und eine Kappe mit einem anthropomorphen Flugzeug und der Aufschrift »Remigration Airlines«. Nichts besonders Originelles oder Witziges, aber am Ende des Tages war nichts mehr davon übrig.

Das Bild, das die Teilnehmer vermitteln wollten, ist das von »anständigen jungen Menschen mit gesundem Menschenverstand«.

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Gastgeber war Andrea Ballarati, eine 23-jährige aufstrebende Figur des italienischen Souveränismus. Nach einem kurzen Zwischenspiel in Giorgia Melonis Nationaler Jugend, der Jugendorganisation ihrer Partei Fratelli d’italia, gründete er in Como den Verein Aktion, Kultur, Tradition und wurde zur Referenzperson der italienischen Remigrationsanhänger. Er fungierte als Brückenbauer zwischen den internationalen Gästen und der rechtsextremen Lega von Infrastrukturminister Matteo Salvini.

Die Partei hat sich bereits mit voller Kraft in den Versuch gestürzt, die weltweite souveränistische Welle auf italienischer Ebene zu reiten. Der neue Vizesekretär der Lega, Roberto Vannacci, ein ehemaliger Generalmajor, fühlte sich sichtlich wohl, als er über Remigration sprach, die »zu einem konkreten Vorschlag« werden müsse: »Die Lega ist dabei.«

Prozess der Extremisierung der Lega geht weiter

Salvinis Lega setzt ihren Prozess der Extremisierung fort, mit einem immer schnelleren Rechtsruck, um Melonis Partei Fratelli d’Italia bei den reaktionärsten Wählern zu überholen. Ohne die stillschweigende Zustimmung des Salvini-treuen Lega-Bürgermeisters von Gallarate, Andrea Cassani, hätte eine Konferenz dieser Art nicht in einer kommunalen Einrichtung stattfinden können.

Keiner der Protagonisten hat von der Bühne aus das wahre Ziel verheimlicht, bis hin zur abschließenden Ovation für die Worte des Portugiesen Afonso Gonçalves, des Gründers der Bewegung »Reconquista«: »Unsere Veranstaltung ist nicht nur eine einfache Konferenz, sondern eine Vision. Wir haben einen Traum: Er heißt Remigration, für ein Europa, das in zehn Jahren nur noch den Europäern gehören wird, ohne Einwanderer.« Eine klare politische Plattform, die rechter nicht sein könnte. Aber für Italiens Innenminister Matteo Piantedosi sind das nur »legitime Beiträge«, während er es vorzog, gegen die antifaschistischen Demonstrationen zu wettern, die er als »Vorwand für Unruhen« bezeichnete.

Der Text ist am 18. Mai in längerer Fassung in unserem Partnermedium »Il Manifesto« erschienen.

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