Besser wird’s nicht

Shakespeares Bettgeschichte: Wer war Anne Hathaway?

Nein, das ist nicht Shakespeares Frau, sie heißt nur so: Hollywood-Sternchen Anne Hathaway in post-elisabethanischen Zeiten.
Nein, das ist nicht Shakespeares Frau, sie heißt nur so: Hollywood-Sternchen Anne Hathaway in post-elisabethanischen Zeiten.

Was wissen Sie eigentlich über die Genossin Anne Hathaway? Nein, nein, nein. Ich rede natürlich nicht von der Leinwandmimin und Oscar-Preisträgerin dieses Namens, geboren 1982 in Übersee und bekannt durch ihre Darbietungen im Unterhaltungsgenre à la »Plötzlich Prinzessin« oder »Der Teufel trägt Prada«.

Die Rede ist von Shakespeares lieber Frau. Sieben Jahre älter als ihr Mann, wie er in Stratford geboren, Mutter seiner drei Kinder. Kaum eine Shakespeare-Biografie kommt ohne den Hinweis aus, dass die Ehe der beiden zutiefst unglücklich gewesen sei. William habe die Flucht nach London ergriffen, wo er seinen Beitrag zum Welttheater geleistet hat; zurück blieb eine verlassene Frau.

Der britischen Tageszeitung »The Guardian«, die jede geringfügige Bewegung in der Shakespeare-Forschung gewissenhaft dokumentiert, konnte ich vor einigen Wochen entnehmen, dass ein bereits vor fast 50 Jahren entdeckter, aber erst jetzt richtig zugeordneter Brief, ein neues Licht auf William und Anne wirft.

Adressiert ist das Schriftstück an Mrs. Shakespeare in London, der Stadt, die sie einigen Literaturhistorikern zufolge niemals besucht hat. Dort lebte sie gemeinsam mit ihrem Mann und harrte also nicht, wie kolportiert, jahrelang im heimatlichen Stratford aus, während ihr Gatte sich in der Metropole neu erfand. Der Inhalt des Briefs lässt darauf schließen, dass Anne nicht nur vom Vermögen ihres Mannes profitierte, sondern dass sie ihr eigenes Geld besaß, über das sie selbst verfügte.

Genosse Shakespeare

Wie es euch gefällt: Alle zwei Wochen schreibt Erik Zielke über große Tragödien, politisches Schmierentheater und die Narren aus Vergangenheit und Gegenwart. Inspiration findet er bei seinem Genossen aus Stratford-upon-Avon.


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Nicht allzu viel wissen wir über das Leben von William Shakespeare. Vieles ist vage, ungesichert. Aber so einiges hat sich fest eingeschrieben in unser Bild des großen Theatermanns und dient sogar als Interpretationshilfe bei der Ausdeutung seiner Werke. Da glauben einige Anhänger einer spekulativen Literaturwissenschaft Anzeichen einer zerrütteten Ehe zwischen den Versen der Shakespeare’schen Dramen zu entdecken. Tja, falsch geraten.

Aber irgendeine Spur muss es doch gegeben haben, die die Shakespeare-Forscher und -Biografen auf diese falsche Fährte geführt hat? Da wäre tatsächlich das liebenswürdig formulierte Testament des Genossen Shakespeare, das allerlei Fragen aufwirft. Nähere und fernere Verwandte, aber auch Freunde hat er mit Geld und Wertgegenständen für die Zeit nach seinem Tod bedacht. Besonders seine Tochter Susanna Hall wurde reich beschenkt.

Und wie steht’s um Anne? Die sollte nach Shakespeares Ableben nur eins bekommen: sein »zweitbestes Bett«. Leidenschaftliche Shakespeare-Exegeten haben sich den Schädel darüber zerbrochen. Warum, ausgerechnet, bekommt sie nur das zweitbeste Bett? Was ist denn mit dem besten Bett? Geht die Alte sonst gänzlich leer aus? Und darf man so mit seiner Frau umgehen? So imaginieren sich ein paar Schulmeister das Ende einer desaströsen Ehe herbei.

Da wir aber vermutlich noch nicht mal in der zweitbesten aller Welten leben, ist es doch immerhin möglich, dass Anne und William ihr glückliches Liebes- und Eheleben zeitweise in ebenjenem Bett zugebracht haben. So harmonisch geht es im Theater selten zu. Aber das Interessanteste an Shakespeare ist womöglich nicht das biografische Rätselraten, sondern Werke, die seit weit über 400 Jahren immer wieder auf die Bühne kommen.

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Die Zeit, so sagt es uns der Dänenprinz Hamlet, ist aus den Fugen. Auch beim »nd« hat sich einiges neu gefügt: Die Zeitung ist jetzt digitaler; die Wochenausgabe erscheint bereits am Freitag; und – diese Kolumne hat ihren angestammten Platz verloren. Aber das ist alles nur eine Frage der richtigen Dramaturgie! Ab jetzt lesen Sie, wie gewohnt im Zweiwochentakt, in der gedruckten Ausgabe dienstags vom »Genossen Shakespeare«.

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