Triathlon: »Wir können ein Leben lang trainieren«

Ex-Triathlonweltmeister Daniel Unger empfiehlt seinen Sport ausdrücklich auch für Späteinsteiger

Olympia in Peking 2008: Als Weltmeister wurde Daniel Unger damals Sechster. Im Ziel gratulierte er seinem Teamkollegen Jan Frodeno zum Olympiasieg.
Olympia in Peking 2008: Als Weltmeister wurde Daniel Unger damals Sechster. Im Ziel gratulierte er seinem Teamkollegen Jan Frodeno zum Olympiasieg.

Herr Unger, ich bin 53 und halbwegs fit: Bin ich noch in einem Alter, in dem man noch ins Triathlontraining einsteigen sollte?

Triathlon ist eine Verknüpfung der Volkssportarten Schwimmen, Radfahren und Laufen und damit eine der gesündesten Sportarten, die es gibt. Das Schwimmen und das Radfahren entkoppeln unseren orthopädischen Apparat komplett, das Laufen wiederum stellt unsere natürliche Fortbewegung dar. In Sachen Fitness gibt es dabei einen gewissen Transfer zwischen den einzelnen Disziplinen. Unserem Herz-Kreislauf-System ist es egal, ob ich schwimme oder irgendwas anderes mache. Es will trainiert werden. Im Triathlon geht das ideal.

Das gilt für alle Altersgruppen?

Ja. Natürlich liegt die maximale Leistungsfähigkeit zum Beispiel im Triathlon über die Olympische Distanz nicht bei 40 oder 50, sondern bei 28 bis 34 Jahren. Aber auch wenn jemand mit 50 anfängt zu trainieren, wird er immer besser werden. Das ist etwas, was viele nicht wissen: Wir können ein Leben lang trainieren.

Interview

Daniel Unger ist 47 und Bundesstützpunkttrainer der Deutschen Triathlon Union (DTU) in Saarbrücken. 2007 gewann er in Hamburg den Weltmeistertitel auf der Olympischen Distanz, die 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren und 10 km Laufen umfasst. Er arbeitet zudem als TV-Experte beim ZDF.

Ist Triathlon für Ältere womöglich sogar besonders geeignet?

Ja, gerade die zyklischen Bewegungen im Ausdauersport sind da von Vorteil gegenüber beispielsweise dem Fußball oder dem Tennis mit vielen unkontrollierten Bewegungen: Im Ausdauersport passiert ja nicht viel, das können sie alles viel besser steuern. Für Menschen in der zweiten Lebenshälfte ist das ein sehr guter sportlicher Weg.

Welchen Kardinalfehler sollte ich als Triathlon-Anfänger vermeiden?

Es gilt die Grundsatzregel: Häufigkeit vor Umfang vor Intensität! Oder in anderen Worten: Möglichst oft trainieren, stets auf die Dauer achten! Erst ganz zum Schluss kommt die Intensität. Das machen viele Menschen falsch. Sie trainieren zu intensiv, sie denken, Training muss wehtun. Doch die Konstanz ist wichtiger. An zwei, drei Tagen über mehrere Wochen trainieren ist gut, da zählt am Ende jede halbe Stunde, vor allem, wenn es dann vielleicht ein viertes oder fünftes Training in der Woche gibt.

Worauf kommt es sonst noch an? Was ist mit der Ausrüstung?

Da braucht es anfangs erst mal gar nicht so viel. Vernünftige Schuhe mit ordentlicher Dämpfung sind eine Voraussetzung, aber auch schon das Fahrrad muss jetzt kein Highend-Gerät sein. Man sollte gut darauf sitzen, die Winkel sollten alle passen, dann kann man loslegen. Eine Badehose ist natürlich auch gut.

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Triathlon?

Ja, ist aber lange her. Es war 1990, da war ich zwölf. Da bin ich mit meinem normalen Mountainbike hingekommen, mit Schutzblech, Licht und Ständer. Ich schwamm in der Badehose und lief im T-Shirt. Seither bin ich dabei, dieses Abenteuer hat mich in den Bann gezogen vor 35 Jahren.

Jener Wettkampf 1990 war der Start Ihrer Karriere, in der Sie es bis zum Weltmeister brachten. Was sind Ihre Ziele heute?

Ich war jetzt sechs Jahre Lang Trainer am Bundesstützpunkt, ab September beginnt etwas Neues für mich: Ich werde Nationalcoach in Australien und bereite dort die Triathleten für die Spiele in Brisbane 2032 vor. Ich gehe mit der ganzen Familie rüber, die haben ein schönes Gesamtpaket geschnürt für uns! Ein tolles Abenteuer, das auch durch den Sport zustande gekommen ist.

Lieben Sie Ihren Sport?

Er fasziniert mich. Zum einen bringt er so viele unterschiedliche Menschen zusammen, zum anderen beschert er solche Abenteuer, und wenn man Glück hat, auch solche unvergesslichen Erlebnisse, wie sie mir in meiner außergewöhnlichen Karriere widerfahren sind. Die Trainingslager, die Wettkämpfe, das sind, wie soll ich sagen, eine Art Pfeiler im Leben.

Triathleten gelten als Besessene. Macht der Sport süchtig?

Also, wenn man Menschen dazu bewegen kann, reinzuschnuppern, bleiben viele darin hängen und entwickeln dann auch so eine Leidenschaft wie die Profis. Das ist für mich wirklich schön zu sehen. Auch wenn es in der Hochleistungswelt natürlich noch mal ein bisschen anders zugeht.

Was sind Triathleten für eine Sorte Mensch?

Es gibt natürlich sehr unterschiedliche Charaktere. Aber was die Topleute miteinander verbindet, ist dieses Bestreben, an die eigenen Grenzen zu gelangen und die Härte mit sich selbst. Was ich bei den Jedermännern und Jedefrauen sehe, ist ein bestimmter Lifestyle: Mit sich und der Welt ins Reine kommen durch den Sport. Man entwickelt eine Achtsamkeit gegenüber seinem Körper, eine Liebe zu seinem Körper, man versteht ihn besser. Und der Sport gibt so manchem Leben eine Struktur: Er beschert den Leuten Highlights. Und neue Ziele, auf die man hinarbeiten kann.

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