PSG gewinnt die Champions League: Zusammen sind sie unbesiegbar

Mit einem historischen 5:0 gegen Inter Mailand krönt sich Paris Saint-Germain zu Europas bestem Fußballteam

  • Lennart Garbes, München
  • Lesedauer: 6 Min.
Nach Olympique Marseille ist Paris Saint-Germain nun das zweite französische Männerteam, das die Champions League gewonnen hat.
Nach Olympique Marseille ist Paris Saint-Germain nun das zweite französische Männerteam, das die Champions League gewonnen hat.

Eine schöne Eigenheit des Sports ist es, dass man sich im Wissen um ein Endergebnis schnell einreden kann, dass eigentlich schon von vornherein klar war, wie es ausgehen wird. Erst recht, wenn ein Ergebnis so eindeutig ist, dass es überhaupt keine Zweifel gibt, wer der rechtmäßige Sieger ist. Der Triumph von Paris Saint-Germain im Finale der Champions League 2025 gegen Inter Mailand wird zukünftig sicher zu diesen sich selbst erfüllenden Sporterzählungen gehören. Zu dominant war der 5:0-Sieg der Franzosen, der höchste in der Geschichte der Königsklasse, im Endspiel von München. Zu gut ist diese Geschichte einer jungen Mannschaft mit einem großen Trainer, die nach dem Abschied ihrer Megastars zu einer unaufhaltsamen Einheit wurde.

»Ich weiß nicht, ob man es ein Meisterwerk nennen kann«, versuchte es Luis Enrique nach der Siegerehrung im TV-Interview kurz mit Bescheidenheit. Doch schon direkt danach schob der PSG-Coach nach: »Wir hatten einen fantastischen Start, haben die richtige Balance zwischen Motivation und Ruhe gefunden. Mein Team war außergewöhnlich gut.« Tatsächlich scheint es rückblickend nur schwer vorstellbar, wie Paris an diesem sommerlich heißen Abend in der bayerischen Hauptstadt den lang ersehnten ersten Champions-League-Titel der Klubgeschichte hätte verlieren sollen.

PSG dominiert auf und über dem Feld

Schon vor dem Anpfiff, sogar noch vor der Eröffnungsshow von Linkin Park (gibt es wieder mit neuer Sängerin) und David Garrett (gibt es noch mit alter Geige) sorgten die PSG-Fans für klare Kräfteverhältnisse in der Arena. Deutlich lauter als jeder Anfeuerungsversuch der Inter-Fans feierten sie ihr Team, so als ob sie bereits wüssten, dass Paris gut eine halbe Stunde später schon mit 2:0 in Führung liegen würde. Oder wussten die Inter-Fans schon im Voraus, dass bei ihren Lieblingen die Luft raus war? Zumindest hatten die Tifosi keine Choreo zum Einlauf der Mannschaften mitgebracht, während die französischen Anhänger*innen ein riesiges Transparent mit dem Eiffelturm und der Aufschrift »Ensemble, nous sommes invincibles« entrollten – zusammen sind wir unbesiegbar.

Und so spielte PSG dann auch auf dem Rasen – zusammen und mit der felsenfesten Überzeugung das beste Team Europas zu sein. In der ersten Halbzeit erdrückten die Franzosen Inter förmlich, hatten 62 Prozent Ballbesitz und 13:2-Torschüsse. Nur weil Ousmane Dembélé und Khvicha Kvaratskhelia kurz vor der Pause große Chancen ausließen, war das Spiel nicht schon nach 45 Minuten entschieden. Mailands eigentlich so stabile Verteidigung wurde von Paris komplett auseinandergespielt. Kvaratskhelia und der alles überragende Désiré Doué tauschten immer wieder die Flügel oder zogen ins Zentrum. Dembélé war als verkappter Spielmacher überall zu finden, nur nicht auf seiner eigentlichen Position in der Sturmspitze. Stattdessen besorgte Rechtsverteidiger und Ex-Inter-Spieler Achraf Hakimi das 1:0 nach zwölf Minuten aus bester Mittelstürmer-Position.

Die Stadt der Liebe zum Verteidigen

»Sie sind sehr dynamisch und sehr gut darin, den freien Mitspieler zu finden, damit hatten wir große Probleme«, gab ein sichtlich gefrusteter Denzel Dumfries nach dem Spiel in der Mixed Zone zu. Der Niederländer war bei Inters epischem Halbfinal-Duell gegen den FC Barcelona noch an fünf Toren direkt beteiligt gewesen, kam am Samstag aber überhaupt nicht zur Entfaltung. Mehrfach sprintete Paris’ Kvaratskhelia nach Angriffen mit zurück und verwickelte Dumfries in Zweikämpfe, bevor es wirklich gefährlich werden konnte. Auch der bei Borussia Dortmund einst für seine mangelnde Professionalität gescholtene Dembélé lief 90 Minuten lang unermüdlich die gegnerischen Verteidiger an und erstickte Inters Spielaufbau damit im Keim.

»Ich würde Dembélé den Ballon d’Or dafür geben, wie er heute verteidigt hat«, freute sich Enrique über die bisher kaum bekannten Qualitäten seines Schützlings. Dass Dembélé und seine Offensivkollegen ihre große Liebe zum Verteidigen entdeckt haben, muss aber auch ihrem spanischen Trainer zugeschrieben werden. In der ersten Saison ohne die Superstars vergangener Tage, wie Lionel Messi, David Beckham, Neymar, Zlatan Ibrahimović und Kylian Mbappé, hat Enrique aus einigen Überbleibseln der Starensemble-Ära und vielen jungen Spielern eine Mannschaft geformt, die sich füreinander und für seine Spielidee zerreißt. Nach seinem Triple mit dem FC Barcelona vor zehn Jahren ist er neben Pep Guardiola nun der zweite Fußballtrainer, der mit zwei Klubs die perfekte Saison aus Meisterschaft, Pokalsieg und Champions-League-Titel erreicht hat.

Fans und Trainer gedenken Xana Enrique

Für den 55-Jährige schließt sich damit auch ein besonders emotionaler Kreis. 2015 hatte er den Champions-League-Sieg mit Barça noch mit seiner damals fünfjährigen Tochter Xana gefeiert. Nach dem 3:1 gegen Juventus Turin steckten Vater und Tochter eine Barcelona-Flagge gemeinsam in den Rasen des Berliner Olympiastadions. Vier Jahre später verstarb Xana an einer seltenen Form von Knochenkrebs. Nach dem Erfolg am Samstag zog sich der Spanier auf dem Münchner Rasen ein T-Shirt über, das an die Szene mit seiner Tochter erinnert. Zeitgleich entrollten die Paris-Fans ein weiteres riesiges Transparent, auf dem Enrique eine PSG-Flagge in den Boden steckt, während seine Tochter ihm dabei zusieht. Noch so eine Geschichte dieses Endspiels, die sich am Tag danach wie vorherbestimmt anfühlte.

Nach dem Schlusspfiff enthüllten die PSG-Fans ihr Banner zu Ehren von Luis Enriques verstorbener Tochter Xana.
Nach dem Schlusspfiff enthüllten die PSG-Fans ihr Banner zu Ehren von Luis Enriques verstorbener Tochter Xana.

Für Paris stellt sich nun eigentlich nur noch eine – allerdings bisher unbekannte – Frage: Wie verhält man sich auf der anderen Seite des ultimativen Erfolgs? Seit der Übernahme durch das Emirat Katar 2011 war der Champions-League-Titel das große Ziel der Klubbosse. Rund 2,3 Milliarden Euro pumpte man dafür in den PSG-Kader. Jetzt hat man das große Ziel erreicht, mit einem Team, das noch lange nicht an seinem Leistungsmaximum angekommen ist. Désiré Doué, der nach seiner Vorlage für Hakimi das zweite Tor in der 20. Minute und das vorentscheidende 3:0 (63.) selbst erzielte, ist erst 19 Jahre alt. Genauso jung wie das Pariser Eigengewächs Senny Mayulu, das kurz vor Schluss den 5:0-Endstand besorgte.

Bisher konnte man bei Paris immer davon ausgehen, dass im nächsten Transferfenster wieder absurde Summen investiert werden, damit der Traum von Europas wichtigstem Vereinstitel endlich wahr wird. Nun kann die katarische Klubführung ihrem Team einfach beim Wachsen zugucken. Allerdings kommt nach dem siegreichen Finale noch eine andere Aufgabe auf den Triplesieger zu. Denn während es in München nach dem Schlusspfiff ruhig blieb, kam es in Frankreich und insbesondere in Paris nach dem PSG-Sieg zu schweren Ausschreitungen mit knapp 200 Verletzten. Sowohl in der Hauptstadt als auch im südwestfranzösischen Dax gab es dabei einen Toten.

Rein sportlich muss sich Paris jedoch keine Sorgen um die unmittelbare Zukunft machen. Trainer Luis Enrique kündigte bereits an, dass man auch im nächsten Jahr wieder versuchen werde, Europa zu erobern. Und Man of the Match Désiré Doué erklärte nach dem historischen Titel für Paris: »Wir haben Geschichte geschrieben und das ist erst der Anfang« – denn zusammen könnte dieses PSG bald wirklich unbezwingbar sein.

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