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Führungswechsel beim Brandenburger BSW
Vizebundeschefin Friederike Benda soll neue Landesvorsitzende werden, hat allerdings zwei Mitbewerber
Mit 4,98 Prozent verpasste das BSW im Februar den Einzug in den Bundestag. Sonst wäre die stellvertretende Parteivorsitzende Friederike Benda Abgeordnete geworden. Denn sie war Spitzenkandidatin in Brandenburg und dort erzielte das BSW mit 10,7 Prozent sein bestes Ergebnis. Die Linke erreichte in Brandenburg ebenfalls 10,7 Prozent und das genügte für drei Bundestagsabgeordnete.
Eine Klage des BSW, wegen der knappen Unterschreitung der Fünf-Prozent-Hürde und Zweifeln am Wahlergebnis die Stimmen umgehend neu auszuzählen, hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss verworfen. Benda muss abwarten, was bei einer möglichen Wahlprüfungsbeschwerde herauskommt. Einstweilen soll sie bei einem Parteitag am 12. Juli zur BSW-Landesvorsitzenden gewählt werden. Der Landesvorstand beschloss in der vergangenen Woche einstimmig, sie für diese Führungsposition zu nominieren.
Der bisherige Landesvorsitzende Robert Crumbach will die Funktion abgeben, die er bei der Gründung des Landesverbandes vor einem Jahr übernommen hatte. Denn Crumbach ist im Dezember zum brandenburgischen Finanzminister ernannt worden und zugleich Stellvertreter von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) geworden. Dies verlange große Aufmerksamkeit, Energie und vollen Einsatz, erklärt der 62-Jährige. Darauf will er sich konzentrieren. »Unsere Partei braucht in dieser frühen Phase ihrer Entwicklung – und weil wir nicht über einen großen Apparat verfügen – einen Landesvorsitz, der verantwortlich Dinge anpackt«, sagt Crumbach. »Friederike Benda wird mit ihrer politischen Erfahrung und ihrem Organisationstalent den Landesverband ganz sicher gut führen.«
»Das außergewöhnlich große und aufopferungsvolle Engagement von Robert Crumbach im turbulenten ersten Jahr hat das BSW getragen und auf die Erfolgsspur gebracht«, lobt die 37-jährige Benda. Crumbach arbeitete einst im Potsdamer Sozialministerium und für die SPD-Landtagsfraktion. Diese Erfahrung konnte er in die Waagschale werfen. Schließlich waren andere BSW-Mitglieder in Brandenburg abgesehen von den Ex-Landtagsabgeordneten Hans-Jürgen Scharfenberg und Reinhart Zarneckow allenfalls kommunalpolitisch in Erscheinung getreten.
Bei der Landtagswahl im September erzielte das BSW 13,5 Prozent, gewann 14 Mandate und schloss einen Koalitionsvertrag mit der SPD ab. Es war rechnerisch die einzige Möglichkeit, unter Ausschluss der AfD eine Regierung zu bilden, die über eine Mehrheit im Landtag verfügt – eine Mehrheit von allerdings nur zwei Stimmen. Als Wackelkandidaten gelten die BSW-Abgeordneten Sven Hornauf und Reinhard Simon. Was den Doppelhaushalt 2025/26 betrifft, der noch im Juni beschlossen werden soll, ist ein Ja mindestens von Simon aber angeblich sicher.
»Jetzt geht es um den weiteren Aufbau der Partei«, kündigt Friederike Benda an. »Als BSW Brandenburg wollen wir unsere Verankerung vor Ort massiv ausbauen.« Im Mai 2024 mit 36 Männern und Frauen gestartet, zählt der Landesverband inzwischen rund 160 Mitglieder.
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»Wir sind stark aufgestellt und ziehen an einem Strang«, versichert Benda. Wie ihre Nominierung bekannt gemacht wurde, ohne zwei weitere Bewerber auch nur zu erwähnen, erweckt allerdings keinen geschlossenen Eindruck. Landwirt Vinzenz Lorenz aus Lebusa und Flugzeugmechaniker Andreas Eichner aus Schönefeld haben sich an Mitglieder und Unterstützer gewandt – und ihr Schreiben ist beim »Tagesspiegel« gelandet. Unter der Schlagzeile »Querelen im Brandenburger BSW« zitiert das Blatt, es gebe »Unterstützer, die sich von unserer Partei abwenden, Mitglieder, die ihre Unzufriedenheit offen äußern, verärgerte Wähler des BSW«, außerdem Landtagsabgeordnete, die »mit dem Erreichten unzufrieden sind und eigentlich nicht wissen, wie sie ihrer Basis noch in die Augen gucken können«. Und weiter: »Negative Dinge positiv verkaufen zu können, fällt ehrlichen Menschen schwer. Es wurden Fehler gemacht, die sich nicht wiederholen sollten.«
Wie Benda, die aber damals in Berlin aktiv war, gehörten Lorenz und Eichner früher der Linken an. Lorenz wurde in Brandenburg im April 2022 in den Landesvorstand gewählt, Eichner hatte sich ein Jahr später erfolglos als stellvertretender Landesvorsitzender beworben. Jetzt empfehlen sie für das BSW eine Doppelspitze.
Eine solche gibt es schon von Anbeginn beim Berliner BSW, gebildet aus Alexander King und Josephine Thyrêt. In der Hauptstadt zählt die Wagenknecht-Partei aktuell 250 Mitglieder und bis zur Gründung von Bezirksverbänden im Juli werden noch 100 dazukommen, schätzt King. Seinen Angaben zufolge liegen weit mehr als 1000 Mitgliedsanträge vor. »Darüber hinaus gibt es noch mal rund 1000 Unterstützer, die keinen Mitgliedsantrag gestellt haben.«
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