Koalition unter Strom

Sarah Yolanda Koss plädiert für eine besonnene Energiedebatte

Stromkabel in einem Berliner Kabeltunnel: Bei den Steuersenkungen auf Strom haben alle, abgesehen von der Industrie, erst einmal Pech gehabt.
Stromkabel in einem Berliner Kabeltunnel: Bei den Steuersenkungen auf Strom haben alle, abgesehen von der Industrie, erst einmal Pech gehabt.

Die Regierung macht einen auf Wechselstrom: Erst will sie die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß senken – siehe Koalitionsvertrag. Dann dreht sich die Debatte plötzlich nur noch um die Industrie und die Land- und Forstwirtschaft. Die Wirtschaftszweige haben Priorität, schließlich gehe es »um Arbeitsplätze«, wie SPD-Fraktionsvorsitzender Matthias Miersch betont. Zuletzt will die CDU/CSU Steuersenkungen für alle über Bürgergeldkürzungen finanzieren. Obwohl zahlreiche Berechnungen zeigen, dass strenge Sanktionen nicht als Anreiz dienen, mehr zu arbeiten, da die meisten Personen schlicht nicht mehr arbeiten können. Das stopft also auch kein Loch im Budget.

Also nach dem populistischen Ablenkungsmanöver noch einmal schnell Minus- und Pluspol vertauscht und zurück zum Start: Steuererleichterungen für die Wirtschaft. Alle anderen: Pech gehabt. Kritik hagelt es jetzt aus allen Richtungen – von Sozialverbänden, der Opposition, jenen Wirtschaftszweigen, die nun doch nicht bedacht werden. Sogar innerhalb der Union ist unzufriedenes Murren vernehmbar. Schließlich sollte die Steuersenkung ursprünglich vor allem ihrer Wahlklientel bürgerliche Kleinfamilie zugutekommen.

Vielleicht wäre es sinnvoll, mal einen Schritt zurückzutreten und zu überlegen, welche Maßnahmen tatsächlich jene Haushalte unterstützen könnten, die besonders unter den Energiekosten leiden. Ein Klimageld zum Beispiel, das die CO2-Kosten unterer Einkommenshaushalte diametral ausgleicht und so soziale Ungleichheiten verringert. Vielleicht, wenn die Debatte mal weniger unter Strom steht.

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