Spahns Maskerade

Der Umgang mit dem Ermittlungsbericht zur Maskenaffäre lässt viele Fragen offen

In seiner eigenen Fraktion hat Jens Spahn noch gut lachen.
In seiner eigenen Fraktion hat Jens Spahn noch gut lachen.

Der Ton wird rauer im Skandal um die Maskenbeschaffung des Bundes während der Corona-Zeit. Während die linke Opposition der CDU im Umgang mit dem virgelegten Ermittlungsbericht Vertuschungsversuche vorwirft, schießt Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn mit AfD-Vergleichen zurück. Dabei ist zumindest im Groben unbestritten, dass zu Beginn der Pandemie hier einiges schiefging, Milliarden für überteuerte Produlte verschleudert wurden und es zu unnötigen Infektionsrisiken durch minderwertige Masken kam. Und das als Ergebnis falschen Handelns eines Ministers, der trotz gut funktionierender Beschaffungsstrukturen anderer Ministerien und gegen den Rat eigener Mitarbeiter dies unbedingt selbst in die Hand nehmen wollte. Die Frage ist nur, wie es seinerzeit im Detail zu so etwas kommen konnte und wie das Ganze zu bewerten ist.

Der Vorgang ist wie gemalt für einen Untersuchungsausschuss des Parlaments. Dies ist ganz anders als bei der Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen, wofür es vor allem unabhängige Expertise jenseits der Politik braucht, um daraus wichtige Lehren für die Zukunft ziehen zu können. Dafür ist eine Enquete-Kommission erste Wahl. Dagegen geht es in der Maskenaffäre um krasses Fehlverhalten der Exekutive, das massiven Schaden anrichtete. Dabei stehen sogar strafrechtlich relevante Dinge und die Frage der Vetternwirtschaft im Raum. Ohne minutiöse Befragung aller Beteiligten bliebe unnötig viel im Nebel, was der vielgerühmten parlamentarischen Demokratie schlecht zu Gesicht stünde.

Man muss Spahn zugute halten, dass der Posten des Gesundheitsministers Anfang 2020 pandemiebedingt zum Schleudersitz wurde, und natürlich muss er sich auch nicht jeden Vorwurf gefallen lassen. Doch seine Maskerade als moralisch sauberer Politiker und als Opfer einer bösartigen Opposition ist dreist: Wenn der Unionsfraktionschef sich für völlig unschuldig hält, müsste gerade er sich für einen Untersuchungsausschuss einsetzen, statt diesen zu verweigern. Auch die Zurückhaltung der SPD ist unverständlich, selbst wenn ein sozialdemokratischer Finanzminister seinerzeit die Maskengelder locker machte. Denn Linke und Grüne werden von den Regierungsparteien gezwungen, mit der AfD gemeinsame Sache zu machen und die Ultrarechten weiter aufzuwerten. Dabei ist die Befürchtung Quatsch, dass hier nur politische Wäsche gewaschen und ein Tribunal mit vorgefertigtem Ergebnis veranstaltet werden soll. Dass dem nicht so ist, garantiert die Besetzung nach dem Fraktionsproporz. Ein Untersuchungsausschuss könnte zu mehr Aufklärung über die Vorgänge sorgen – ist das denn nicht gewünscht?

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