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Herbeigeführte Hungerkrise im Gazastreifen
Israelische NGOs verurteilen Vorgehen im Gazastreifen als »Genozid«
Die akute Hungersnot im Gazastreifen ist längst außer Kontrolle geraten und lässt sich durch die Notfallmaßnahmen, die seit dem Wochenende ergriffen wurden, kaum noch in den Griff kriegen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) konstatiert eine sich rasant ausbreitende, das Leben gefährdende Unterernährung. Die Hungerkrise nehme inzwischen »alarmierende Ausmaße« an, hieß es. Nach WHO-Angaben gab es im abgeriegelten Gazastreifen im Juli eine signifikante Zunahme der Todesfälle im Zusammenhang mit Unterernährung. Besonders schlimm sei es in der Stadt Gaza im Norden des Gebiets. Dort sei jedes fünfte Kind unter fünf Jahren akut unterernährt. Auch in Khan Junis im Süden sei die Situation verheerend.
Im Juli seien allein in den ersten zwei Wochen etwa 5000 Kinder unter fünf Jahren wegen Unterernährung ambulant behandelt worden. Die bislang höchste Zahl seit Beginn des durch das Hamas-Massaker am 7. Oktober 2023 ausgelösten Gaza-Krieges gab es demnach im Juni mit etwa 6500 Kindern. Der deutliche Aufwärtstrend seit Mai setzt sich damit nach WHO-Angaben fort.
Seit Kriegsbeginn mindestens 115 Palästinenser verhungert
Das Gesundheitsministerium von Gaza teilte laut dem TV-Nachrichtenkanal Al-Jazeera am Donnerstag vergangener Woche mit, dass seit Beginn des Krieges Israels gegen Gaza im Oktober 2023 mindestens 115 Palästinenser in dem Gebiet verhungert sind. Die meisten Todesfälle, darunter viele Kinder, ereigneten sich in den letzten Wochen.
»Die Krise bleibt komplett vermeidbar. Die absichtliche Blockade und Verzögerung von Nahrungsmittel-, Gesundheits- und humanitärer Hilfe in großem Maßstab hat viele Menschenleben gekostet«, erklärte die WHO mit Blick auf Israel. Das Land hat unabhängige Hilfslieferungen für die notleidende Bevölkerung im Gazastreifen monatelang weitestgehend blockiert und ist deswegen massiver internationaler Kritik ausgesetzt. Selbst US-Präsident Donald Trump wird nun deutlicher und will Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu in seiner unnachahmlichen Art dazu drängen, die hungernde Bevölkerung mit Lebensmitteln zu versorgen: »Ich möchte, dass sie dafür sorgen, dass sie das Essen bekommen.«
Israelische NGOs sprechen von Völkermord an Palästinensern
Das Vorgehen der israelischen Regierung im Gazastreifen wird international seit vielen Monaten scharf kritisiert. Der Vorwurf des Völkermords an den Palästinensern ist auch von Völkerrechtlern, Amnesty International und dem Internationalen Gerichtshof (IGH) als plausibel bezeichnet worden. Auch in Israel selbst wird die Kritik immer deutlicher.
Zwei israelische Menschenrechtsorganisationen haben in einem beispiellosen Schritt das Vorgehen Israels im Gazastreifen als Völkermord gebrandmarkt. Die Organisationen B’Tselem und Ärzte für Menschenrechte Israel kommen in zwei am Montag veröffentlichten Berichten zu dem Schluss, dass Israel einen »Genozid« an den Palästinensern begehe.
»Als Israelis und Palästinenser, die hier leben und jeden Tag Zeuge der Realität werden, haben wir die Pflicht, die Wahrheit so klar wie möglich auszusprechen«, sagte die Chefin der Menschenrechtsorganisation B’Tselem, Juli Novak, bei einer Pressekonferenz. »Israel begeht einen Genozid an den Palästinensern.«
B’Tselem und Ärzte für Menschenrechte Israel sind die beiden ersten israelischen Nichtregierungsorganisationen, die der Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu einen Völkermord an den Palästinensern vorwerfen. Mit Agenturen
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