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»Fußball kann mehr«: Kaum Platz für Frauen im Profifußball

Laut aktuellem Diversitätsbericht bleibt der deutsche Profifußball fest in Männerhand

  • Frank Hellmann, Frankfurt am Main
  • Lesedauer: 4 Min.
Katja Kraus und ihre Initiative »Fußball kann mehr« machem dem deutschen Profifußball Druck.
Katja Kraus und ihre Initiative »Fußball kann mehr« machem dem deutschen Profifußball Druck.

Der Fußball der Frauen ist mit der EM in der Schweiz noch in aller Munde, da kommt von der Initiative »Fußball kann mehr« (FKM) ein Dämpfer. In ihrem zweiten Jahresbericht »Lage der Liga« erhält der deutsche Profifußball kräftige Kritik: Denn die Führungsetagen der 36 Klubs aus der 1. und 2. Bundesliga sind weiterhin fest in Männerhand. Lediglich sechs Prozent der Positionen im Top-Management sind mit Frauen besetzt. »Diese Analyse ist keine Schuldzuweisung, aber Fußball ist ein Ergebnissport«, betont Katja Kraus, Ko-Beiratsvorsitzende von FKM und stellt fest: »All die positiven Gespräche und Veränderungsbestrebungen vieler Entscheider münden bislang nicht in entsprechenden Zahlen.«

Alles beim Alten

Kraus, ehemalige Nationaltorhüterin und früheres Vorstandsmitglied beim Hamburger SV, wird als Geschäftsführerin einer großen Sportmarketing-Agentur nicht müde, die Bundesligisten daran zu erinnern, sich auf Führungsebene diverser aufzustellen. Schon im Vorjahr fiel die erste Erhebung der auf Diversität spezialisierten AllBright-Stiftung ernüchternd aus. Nun sind die Zusammensetzungen von Top-Management, Kontrollgremien, Aufsichtsräten und der zweiten Führungsebenen, die sogenannten Direct Reports, erneut durchleuchtet worden. Daran, dass nur Schalke 04, St. Pauli, der 1. FC Heidenheim und Werder Bremen eine Frau im Top-Management haben, hat sich nichts geändert.

Die Untersuchung zeigt: Anscheinend soll am Machtgefüge im deutschen Profifußball auch nichts geändert werden. Bei der Neubesetzung von 19 Positionen auf Top-Level ging nur eine an eine Frau: Die Rechtsanwältin Luise Gottberg wurde in das Präsidium des FC St. Pauli gewählt. Und: Überhaupt haben nur drei Klubs – Werder Bremen, St. Pauli und der Hamburger SV – klare Zielvorgaben für Diversität in ihren Satzungen verankert. Die in Hamburg lebende Kraus hat bei der Frauen-EM in der Schweiz gerade selbst erlebt, welche Chancen eine größere Durchmischung bietet. Allein die angenehme Atmosphäre während des Turniers war eng verknüpft mit einem hohen Frauenanteil.

Zu wenig Diversität

Ein anderes Bild liefern die deutschen Vereine in ihren Kontrollgremien, wo von 271 Posten nur 28 mit Frauen besetzt sind. Hier gehen neben St. Pauli noch der SC Freiburg, Mainz 05 und Zweitligist Eintracht Braunschweig voran. Auf zweiter Führungsebene ist jeder fünfte Posten mit einer Frau besetzt. Dort zeigt sich Zweitligist SV Elversberg mit einer Quote von 44 Prozent vorbildlich. Grundsätzlich ist das aber alles zu wenig, wie Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bayer Leverkusen, festhält: »Die Frauen, die bereits in Leitungspositionen bei uns arbeiten, führen uns als Klub und mir persönlich jeden Tag vor Augen, wie wichtig Diversität für unsere Organisation und für die gesamte Gesellschaft ist.« In Carros früherem Berufsleben in der freien Wirtschaft sei es selbstverständlich gewesen, »auf Frauen zu setzen, und ich bin dabei nie enttäuscht worden. Im Fußball ist strukturell noch einiges an Arbeit zu tun.«

Dorothee Bär, Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt, denkt ähnlich: »Mit sechs Prozent Frauen im Top-Management schneiden die Bundesligaklubs erheblich schlechter ab als vergleichbare kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland. Meine Überzeugung ist, dass an jeder Position im Fußball die Besten stehen sollten – nicht nur auf dem Feld.« Die CSU-Politikerin hatte im vergangenen Jahr bereits beim »Women in Football Summit« in der DFB-Akademie den Fußball als deutlich rückständiger als die Politik bezeichnet.

Jobs im Fußball

Um Behauptungen zu begegnen, es würden sich nicht genug Frauen bewerben, haben DFB und der Ligaverband DFL ein gemeinsames Projekt gestartet. »Dein Job im Fußball«: Auf der ersten Karrieremesse für Frauen soll der Zugang für Quereinsteigerinnen erleichtert werden. Vereine und Verbände präsentieren sich am 16. September auf dem DFB-Campus in Frankfurt am Main, laden zu Dialogformaten und Networking-Möglichkeiten.

Dass etwas getan muss, ist auch für Axel Hellmann unbestritten. Der gerade mit Eintracht Frankfurt durch die USA tourende Vorstandschef erklärt als Ko-Beiratsvorsitzender der Initiative FKM: »Wir brauchen mehr Frauen in Führungspositionen im Fußball. Im Männer- und im Frauenfußball. Wir werden das aber nur erreichen, wenn dies in den Vereinen, von den Mitgliedern und Fans getragen und vorangetrieben wird.« Der Impuls dürfe nicht allein vom Management ausgehen.

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