Java: Mit Tempo 350 zu Tempeln und Vulkanen

Indonesiens Hauptinsel Java ist mit 150 Millionen Einwohnern die bevölkerungsreichste Insel der Welt. Gäste machen sich dagegen noch recht rar

  • Carsten Heinke
  • Lesedauer: 5 Min.
Blick auf den Mount Semeru vom Mount Penanjakan aus: 2008 spuckte er Lava und Asche.
Blick auf den Mount Semeru vom Mount Penanjakan aus: 2008 spuckte er Lava und Asche.

Strahlend weiße wie auch kreischend bunte Hollandräder stehen mietbereit am Taman Fatahillah. Benannt ist der zentrale Platz nach jenem Prinzen, der 1527 den Glauben Mohammeds auch in den Westen Javas brachte und am Hindu-Hafen Sunda Kelapa die Stadt »Jayakarta« gründete. 1619 von den Niederländern zerstört und als Batavia neu aufgebaut, blieb sie für fast 350 Jahre Herz des Kolonialreichs Niederländisch-Indien. Seit dessen Ende 1949 heißt sie Jakarta und ist die Hauptstadt Indonesiens, dem mit über 17 500 Inseln größten Inselstaat der Welt.

An den grell gefärbten Citybikes mit ihren altmodischen Lenkern baumeln schrille Sonnenhüte oder Tropenhelme. »Die meisten nutzen sie gar nicht zum Fahren, sondern nur als Fotorequisiten«, weiß Bintoro. Der sympathische, sehr gut Deutsch sprechende Gästeführer stammt aus der Mitte Javas. Doch zu Hause fühlt sich der 56-jährige Familienmensch auf der ganzen Insel. Entsprechend riesig ist sein Wissen. In den nächsten Tagen profitieren wir davon, denn »Toro« wird unsere Rundreise begleiten, die in Jakarta beginnt.

Anfang des 18. Jahrhunderts entstand der Platz in der Mitte der Hauptstadt als »Nieuwe Markt«. Später hieß er »Stadhuisplein«. Gesäumt wird er von mittlerweile sorgfältig sanierten Häusern. Ihre ursprünglichen Stile, europäischer Barock und Klassizismus, sind noch deutlich zu erkennen – besonders an dem dominierenden Gebäude, das vom Amsterdamer Königspalast inspiriert wurde. 1710 erbaut, diente es als Rathaus wie auch als Verwaltungssitz der niederländischen Ostindien-Kompanie, die ab 1602 von Java aus große Teile des internationalen Seehandels kontrollierte und von hier aus ihre »ostindische Kolonie« errichtete. Deren Regierungssitz befand sich ebenfalls im »Stadhuis«.

Heute zählt es als Geschichtsmuseum zu den meistbesuchten Orten in der Altstadt Kota Tua – ebenso wie andere Museen, der »Rote Laden« Toko Merah oder House of Tugu – ein historisches Hotel und Restaurant, vollgestopft mit Artefakten, Kunst und Kitsch. Viele Bauten aus der Kolonialzeit sind kaputt, einige nur noch Ruinen. Nach dem 132 Meter hohen Nationaldenkmal, das eine Siegesfackel symbolisiert, besuchen wir das Viertel Glodok, eine der größten Chinatowns der Welt. Der Tee im gemütlichen Pantjoran Tea House und der Bummel über den Petak-Sembilan-Markt lassen uns vergessen, dass wir inmitten einer Super-City sind. In Jakarta leben über elf Millionen Menschen.

Die Zahl der ausländischen Besucher bleibt dagegen mit knapp einer halben Million jährlich recht überschaubar. Bei der Fahrt im »Whoosh« mit 350 km/h von Jakarta nach Bandung sind wir fast die einzigen Fremden unter den Passagieren. Der supermoderne Hochgeschwindigkeitszug aus China, dessen erster Streckenabschnitt 2023 eingeweiht wurde, soll Jakarta künftig auch mit dem 712 Kilometer entfernten Surabaya verbinden. Die Hafenstadt im Osten Javas wird die letzte Station unserer Reise sein, denn von dort geht der Flug zurück nach Hause. Doch zuvor erwarten uns noch jede Menge Abenteuer auf der Insel.

Nach einem Bummel durch die Blumenstadt Bandung zuckeln wir sechs Stunden lang in einem großfenstrigen Panoramazug durch malerische Landschaften aus Palmenhainen, Reisfeldern und Bergen. Kultige VW-Kübelwagen bringen uns auf Dorfstraßen in eine Batikwerkstatt und zu einem Zuckermacher. Auf einem Gipfel der Menoreh-Berge erleben wir einen grandiosen Sonnenaufgang und beim Vesak-Festival in Surabaya talentierte junge Drachentänzer.

In Magelang nimmt uns der kolossale Borobudur gefangen. Der 1200 Jahre alte Pyramidenberg gilt als größter Buddha-Tempelkomplex der Welt. In Yogyakarta, wo noch Sultane regieren, besuchen wir Nyamplung, das Heimatdorf von Guide Bintoro, staunen über Prambanan, die bezaubernde uralte Hindu-Tempelstadt und viele kleine wunderbare Heiligtümer des Hinduismus und Buddhismus. Und dann geht’s endlich zu den Feuerbergen.

Wie manche Tage dieser Reise beginnt auch dieser mitten in der Nacht. Schließlich wollen wir bei Sonnenaufgang schon an den Vulkanen sein. Die ersten beiden Kilometer träumen wir noch von der menschenleeren Berglandschaft. Im Basisdorf Tosari verflüchtigen sich die romantischen Gefühle schnell. Trotz früher Stunde wimmelt es von Fahrzeugen und Menschen. Wir steigen um in einen Jeep und fahren nur wenige Meter – bis zum ersten Stau. Soweit wir an den Lichtern sehen können, sind die engen Straßen hoffnungslos verstopft. Unser Pech: Heute ist Feiertag und viele Einheimische nutzen das für einen Ausflug. Per Stop-and-Go geht es allmählich vorwärts, aufwärts.

Gegen vier Uhr früh erreichen wir im Mondschein die Panoramaplattform am Mount Penanjakan und mischen uns, 2770 Meter hoch, unter die Menge. Schätzungsweise etwas über 1000 Leute sind schon da. Und es werden mehr. Tatsächlich finde ich ganz vorn noch einen Stehplatz und schaue auf die weite graue Fläche vor mir, die hoffentlich bald eine Aussicht bietet. Irgendwo da drüben schlummern die Vulkane. Langsam, aber sicher treten ihre Schatten aus der Dunkelheit.

Im blauen Dämmerlicht zeigt sich jedoch nur einer vollständig. Es ist Mount Semeru, mit 3676 Metern Javas höchster Gipfel – und aktiv, wie wir sehr deutlich sehen können. Denn als die Sonne aufgeht und den Himmel pink und lila färbt, steigt dicker, weißer Rauch aus seinem Schlot. Die vier Nachbarn Semerus, zwischen 2300 und 2700 Meter hoch, liegen vor ihm in der Tengger-Caldera, fast bis oben hin in Wolken. Außer Batok, der bereits vor langer Zeit erloschen ist, sind alle anderen waschechte heiße Feuerberge, unter ihnen der aktivste inselweit: Bromo. Er brach in den vergangenen 200 Jahren über sechzigmal aus, zuletzt 2016.

»Dieser Vulkan ist unberechenbar und sehr gefährlich«, mahnt unser Guide. Er selbst stand zufällig gerade auf ihm, als er 1995 plötzlich Asche, Gas und Steine spie. »Richtig große Brocken flogen aus dem Krater durch die Luft«, erinnert sich Bintoro, der die Katastrophe damals unbeschadet überstand. Auch Abenteuerlustige mahnt er dazu, die großräumigen Absperrungen unbedingt zu respektieren.

Dass man auch in vier Kilometern Entfernung nicht sicher ist, weiß unser Guide ebenso aus eigener Erfahrung: »2010 war ich genau hier auf dem Penanjakan, als schwarz-gelber Rauch zu uns rüberwehte.« Später auf dem Rückweg blicken wir vom sogenannten Tengger-Sandmeer auf zum Bromo und freuen uns in sicherem Abstand über seine Schönheit und Magie.

Die Recherche zu diesem Beitrag wurde unterstützt durch Meiers Weltreisen und Singapore Airlines.

Tipps
  • Anreise: Von Deutschland dauert die Flugreise nach Jakarta mit einem Zwischenstopp mindestens 15 Stunden. Singapore Airlines bietet ab München und Frankfurt am Main den Hin- und Rückflug in der Economy Class einschließlich Steuern und 25 Kilogramm Gepäck ab 1100 Euro an.
  • Einreise: Außer dem Reisepass mit mindestens noch sechs Monaten Gültigkeit muss ein gültiges e-Visum (Antrag unter https://evisa.imigrasi.go.id), das auch bei der Einreise beantragt werden kann sowie das ausgedruckte Rückflugticket vorgelegt werden. Außerdem müssen Einreisende aus dem Ausland seit August 2024 aufgrund der Ausbreitung des Mpox-Erregers auf der Webseite des indonesischen Gesundheitsministeriums (https://sshp.kemkes.go.id) einen Gesundheitsfragebogen ausfüllen. Zwei Tage vor der Einreise nach Indonesien muss online (https://ecd.beacukai.go.id) außerdem eine Zollerklärung abgegeben werden. Achtung, man darf nicht mehr als 25 Zigaretten einführen!
  • Rundreise: Mehrere Reiseunternehmen bieten Rundreisen durch Indonesien inklusive Deutsch sprechendem Reiseleiter an. Bei Meiers Weltreisen beinhaltet die achttägige Privatreise »Die Wiege Indonesiens« Zugfahrten und Fahrten in klimatisierten Fahrzeugen sowie Mahlzeiten laut Programm. Die Reise wird an ausgewählten Terminen als Gruppenreise mit mindestens zwei und maximal 14 Personen durchgeführt.
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