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AfD legt Chemnitzer Stadtrat lahm
Ratsfraktion nach Machtkampf gespalten. Rathaus prüft Rechtmäßigkeit
Im Stadtrat von Chemnitz wird die Sommerpause auf unbestimmte Zeit verlängert. Sitzungen der Ausschüsse für Schule, Soziales, Kultur und Finanzen, die in dieser Woche geplant waren, sind ebenso abgesagt wie Treffen von Senioren- und Kleingartenbeirat. Auslöser ist ein Machtkampf in der AfD, der zum Zerbrechen der Ratsfraktion und der Gründung einer zweiten Fraktion führte. Die Stadtverwaltung prüft derzeit auf Bitten unter anderem der Linksfraktion, ob diese rechtmäßig ist. So lange liegen alle Entscheidungen in den Gremien auf Eis. Diese Woche sollte unter anderem eine lange überfällige Entscheidung zur Zukunft des Chemnitzer Schauspielhauses beraten werden.
Im seit April öffentlich eskalierten Zwist in der Chemnitzer AfD, die bei der Kommunalwahl 2024 mit 24,3 Prozent stärkste Kraft wurde und 15 Stadträte stellt, stehen sich Kreischef Nico Köhler und Ratsfraktionschef Volker Dringenberg gegenüber. Ersterer erhob bei einem Parteitag gegenüber anderen Mitgliedern der Ratsfraktion den Vorwurf der Vorteilsnahme im Amt. Dabei geht es um vergünstigte Stellplätze in einem Parkhaus. Eine Fraktionsmehrheit beschloss daraufhin zweimal den Ausschluss Köhlers, scheiterte aber jeweils vor Gericht.
Anfang August kam es daraufhin zur Spaltung. Zwölf Stadträte traten aus der AfD-Stadtratsfraktion aus und gründeten die neue »AfD-Ratsfraktion Chemnitz«. Erstere bleibt aber bestehen. Weil sich eine Abgeordnete offenbar kurzfristig entschied, an Köhlers Seite zu bleiben, kommt sie auf die Mindestgröße von drei Mitgliedern. Die Folgen sind gravierend, weil in Ausschüssen, Beiräten und Aufsichtsräten alle Fraktionen vertreten sein müssen und nun aufwendige Neuwahlen anstehen. Die Besetzung der jetzigen Gremien hatte sich über drei Sitzungen des Stadtrats hingezogen.
»Damit erhielte die AfD mehr Gewicht in der Stadtpolitik.«
Sabine Brünler Fraktionsgeschäftsführerin Die Linke
Vertreter anderer Parteien reagierten entsprechend ungehalten. Der SPD-Politiker Detlef Müller sprach in der »Freien Presse« von »Chaos« und merkte an: »Wir drehen uns um uns selbst.« In der Linksfraktion hält man eine sorgfältige juristische Prüfung der Vorgänge aber für unumgänglich. Fraktionsgeschäftsführerin Sabine Brünler wies auf Anfrage des »nd« darauf hin, dass der Einfluss der AfD in den Gremien wachsen würde, wenn die Aufspaltung in zwei Fraktionen Bestand hätte. In Ausschüssen hatte die bisherige Fraktion drei Sitze. Künftig behielte sie einen Sitz, die neue Fraktion dürfte aber ebenfalls drei Mitglieder entsenden: »Damit erhielte die AfD mehr Gewicht in der Stadtpolitik.« Die Mitglieder beider Ratsfraktionen sind weiter in der AfD aktiv und sitzen teils auch gemeinsam in deren Gremien.
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