13 Milliarden Euro Rüstungsexporte

Rheinmetall eröffnet neue Munitionsfabrik in Unterlüß

Auch das neue Werk von Rheinmetall in Unterlüß kann künftig zum Rüstungsexport beitragen.
Auch das neue Werk von Rheinmetall in Unterlüß kann künftig zum Rüstungsexport beitragen.

Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Rüstungsexporte in Höhe von 12,83 Milliarden Euro genehmigt – Deutschland exportierte damit so viele Kriegsgüter wie noch nie. Auf dem ersten Platz bei den Empfängerländern steht die Ukraine mit einem Volumen von 8,15 Milliarden Euro, wie aus einem Rüstungsexportbericht hervorgeht, der dem Pro-Newsletter Industrie & Handel des Nachrichtenmagazins »Politico« (Mittwoch) vorliegt. Die Rüstungsausfuhren erreichten demnach im vergangenen Jahr ein Rekordhoch. 2023 waren Waffen im Wert von 12,13 Milliarden Euro exportiert worden.

Den größten Anteil der deutschen Exporte machten den Angaben zufolge militärische Ketten- und Radfahrzeuge mit einem Wert von 4,4 Milliarden Euro aus, gefolgt von Bomben, Torpedos und Flugkörpern im Wert von 2,9 Milliarden Euro sowie Kriegsschiffen (1,5 Milliarden Euro). An die Ukraine gingen im vergangenen Jahr unter anderem 306 gepanzerte Kampffahrzeuge, 316 Raketen und Raketensysteme, 78 Kampfpanzer und elf großkalibrige Artilleriesysteme. Weitere große Aufträge gingen an Singapur. 62 Anträge und damit 17 mehr als im Vorjahr, wurden von der Bundesregierung abgelehnt. An häufigsten abgelehnt wurden dem Rüstungsexportbericht zufolge Anträge aus Pakistan, Thailand und Malaysia.

»Das Rekordhoch bei den Rüstungsexporten zeigt: Die angeblich restriktive Genehmigungspolitik der Bundesregierung ist nichts als eine Farce«, kommentiert Desiree Becker, Sprecherin für Friedens- und Abrüstungspolitik der Linken im Bundestag die aktuellen Zahlen zu Rüstungsexporten. Becker kritisiert den politischen Willen zur Aufrüstung. »Während im Inland mit dem Beschaffungsbeschleunigungsgesetz die Bundeswehr im Eiltempo hochgerüstet wird, hat man parallel auch die Exportgenehmigungen für die Rüstungsindustrie vereinfacht.« 2024 sei für die Rüstungsindustrie, »zynisch gesagt«, ein »Bombengeschäft« gewesen, so die Bundestagsabgeordnete.

»Wer hier rote Teppiche ausrollt, zeigt, dass es nicht um Sicherheit geht, sondern um Rendite.«

Thorben Peters Landesvorsitzender Die Linke Niedersachsen

Dafür, dass das Geschäft weitergeht , soll auch ein neues Werk sorgen, das Rheinmetall am Mittwoch im niedersächsischen Unterlüß eröffnet hat. Großkalibermunition für Artilleriewaffen wird in dem neuen Werk produziert. Rund 500 Millionen Euro hat Rheinmetall in den Bau des nun vorgestellten Komplexes investiert, zu dem im Februar 2024 der erste Spatenstich erfolgt war. Erfreut äußerte sich das Unternehmen, dass sein aktuelles Projekt »in Rekordzeit« vollendet worden sei. Großkalibrige 155-mm-Munition für Artilleriewaffen wird dort entstehen: im laufenden Jahr rund 25 000 Stück; die Kapazität soll bis 2027 auf 350 000 Geschosse pro Jahr erhöht werden. Zahlreiche eingeladene Besucher informierten sich bei der Werkseröffnung über das Unternehmen, das international rund 28 500 Menschen beschäftigt, davon in Unterlüß etwa 3200 Mitarbeitende. Durch die aktuelle Erweiterung sollen 500 weitere Arbeitsplätze entstehen, in dieser Zahl enthalten sind etwa 150 Beschäftigte für die Produktion von Raketenmotoren, der sich das Unternehmen in Zukunft neben den derzeitigen Erzeugnissen an Waffentechnik, Fahrzeugen und Munition widmen will.

Auf der Gästeliste zur Eröffnung standen unter anderem Nato-Generalsekretär Mark Rutte, Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) und Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). Vor ihnen betonte die Leitung der Rheinmetall AG: Das Werk sei von hoher strategischer Bedeutung für die Sicherheitsvorsorge Deutschlands und der Partnerstaaten in Europa.

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Zum Protest gegen das neue Werk hatte die Initiative »Friedensratschlag Lüneburger Heide« aufgerufen. »Aus dieser Fabrik kommt nichts Gutes«, meinen die Aktivisten. Vor den dramatischen Folgen einer immer stärkeren Militarisierung warnt auch Die Linke in Niedersachsen. Ihr Landesvorsitzender, Thorben Peters, kommentiert die Eröffnung des neuen Werkes: »Dass die Landesregierung dieses PR-Spektakel kritiklos begleitet, ist ein Armutszeugnis. Statt Arbeitsplätze in zukunftsfähigen Branchen wie erneuerbare Energien, Bildung oder Gesundheit zu fördern, setzt Niedersachsen auf Kriegsindustrie und Aufrüstung. Pistorius und Klingbeil geben sich als Festredner her – doch sie vertreten nicht die Interessen der Menschen im Land, sondern die von Rheinmetall.

Peters weiter: «Rheinmetall macht Profite mit Krieg und Tod – und die Politik leistet Schützenhilfe.» Der Börsenkurs des Konzerns habe sich seit Beginn des Ukraine-Kriegs vervielfacht. «Wer hier rote Teppiche ausrollt, zeigt, dass es nicht um Sicherheit geht, sondern um Rendite. Rheinmetall verdient an Leid und Zerstörung – das ist inakzeptabel.» Die Linke Niedersachsen, so Peters, fordere einen sofortigen Stopp der Munitionsfabrik in Unterlüß, ein Ende aller Rüstungsexporte und eine Umstellung auf zivile, sozial- und klimapolitisch sinnvolle Produktion.

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