Rheinmetall Entwaffnen: Laut wegen lauter Kriege

Anton Benz über die Größe der antimilitaristischen Proteste in Köln

Gutes Timing: Die Entscheidung des Kabinetts, just in der Camp-Woche die Wehrdienstpläne zu billigen, dürfte den Zulauf zu Rheinmetall Entwaffnen befördert haben.
Gutes Timing: Die Entscheidung des Kabinetts, just in der Camp-Woche die Wehrdienstpläne zu billigen, dürfte den Zulauf zu Rheinmetall Entwaffnen befördert haben.

»Antikriegscamp überlaufen«, meldete die Gruppe Rheinmetall Entwaffnen am Freitag in einer Pressemitteilung. Gemeint war nicht der Regen, der immer wieder über das Gelände zog, sondern die überraschend hohe Zahl von Teilnehmenden. Rund 1000 Menschen seien bereits da, so das Bündnis, bis Sonntag könnten es bis zu 1700 werden. Damit wäre das Protestlager doppelt bis dreimal so groß wie das bisher größte in Kiel im vergangenen Jahr.

Ein Grund für den Zulauf ist das gescheiterte Verbotsverfahren der Stadt Köln. Der Versuch, das Camp zu untersagen, brachte den antimilitaristischen Gruppen eine ungeahnte Aufmerksamkeit – in klassischen Medien ebenso wie in sozialen Netzwerken. Zudem hat Rheinmetall Entwaffnen das Themenspektrum erweitert. Mit Aktionen gegen den neuen Wehrdienst rückt das Bündnis ein zentrales Anliegen der Friedensbewegung in den Vordergrund. Die Entscheidung des Kabinetts, just in der Camp-Woche die Wehrdienstpläne zu billigen, dürfte den Zulauf zusätzlich befördert haben.

Hinzu kommt die engere Verbindung zur Klimabewegung. Beim ebenfalls internationalistisch geprägten System Change Camp in Frankfurt am Main wurde für Köln geworben. Kampagnen wie »ÖPNV statt Panzer«, die sich gegen die Konversion einer Waggonfabrik in eine Panzerschmiede richten, machen deutlich, dass sich die Themen Klima und Krieg überschneiden.

Auch in der Aktionsform ist ein Wandel zu erkennen. 2024 war in Kiel der Versuch gescheitert, einem Rüstungszulieferer in die Quere zu kommen. Im Gegensatz dazu gab es in diesem Jahr bereits drei erfolgreiche Blockaden: Aktivist*innen störten vor einem Anwerbezentrum der Bundeswehr, in einem Parteibüro der SPD und schließlich vor den Toren der Deutz AG, die Motoren für Militärfahrzeuge liefert.

Über allem steht auch der wachsende Druck auf die Bundesregierung, stärker gegen Israels Krieg in Palästina durchzugreifen. Und so liegt dem erfolgreichen Camp ein großes Versagen zugrunde: Eine laute Antikriegsbewegung ist immer das Ergebnis lauter Kriege.

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