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Yerro Gaye: Gericht bestätigt Abschiebung trotz Verlobung
Das Verwaltungsgericht Magdeburg lehnte einen Antrag von Yerro Gaye ab, in Deutschland bleiben zu dürfen
Als Yerro Gaye Ende September in der Ausländerbehörde Haldensleben seine Duldung verlängern lassen wollte, wurde er festgenommen und nach Dresden in Abschiebehaft verbracht, um in sein Heimatland Gambia abgeschoben zu werden. Dabei hatten der 33-Jährige und seine französische Verlobte geplant, bald zu heiraten. Für seine Unterstützer*innen ein Skandal, denn Ehen und Lebenspartnerschaften – auch solche zwischen EU-Bürger*innen und Menschen aus Drittstaaten – sind durch Grundgesetz und Europarecht besonders geschützt.
Nichtsdestotrotz lehnte das Verwaltungsgericht Madeburg am Montag ein Gesucht auf Aufenthaltsrecht für Gaye ab. Damit wird eine Abschiebung am Mittwoch wahrscheinlicher. Nach Informationen von »nd« hat Gaye daraufhin beim zuständigen Landkreis Börde einen Antrag auf freiwillige Rückkehr nach Gambia eingereicht, über den bis Redaktionsschluss noch nicht entschieden wurde.
Gayes Unterstützerkreis wirft der Ausländerbehörde des Landkreises vor, während der Gerichtsverhandlung Falschinformationen verbreitet zu haben, »um Herrn Gaye ein Aufenthaltsrecht zu verweigern«. Die Gruppe Solidarity Movement (Solimo), bei der sich Gaye selbst für die Rechte Geflüchteter engagiert, zeigte sich »schockiert, dass das Verwaltungsgericht seinen negativen Beschluss auf eindeutigen Lügen« aufbaut.
Dabei geht es um die Frage, ob Gaye nach dem europäischen Freizügigkeitsgesetz (FreizügG/EU) als »nahestehende Person« seiner Verlobten gilt. Eine entsprechende Feststellung kann ein Recht auf Aufenthalt begründen. Allerdings beanstandete das Magdeburger Gericht eine »fehlende Glaubhaftmachung«, dass Gaye eine ebensolche nahestehende Person sei.
An dieser Einschätzung kritisierte seine Anwältin, dass sich das Gericht dabei unter anderem auf die Behauptung der Ausländerbehörde stützte, diese hätte »keine Kenntnis von einer Verlobung oder geplanten Eheschließung gehabt«, obwohl die Behörde selbst die Anreise Yerros zu einem Standesamtstermin in Berlin untersagt hätte. Auf Anfrage von »nd« reagierte die Behörde mit Unverständnis auf diese Darstellung, ließ jedoch eine Bitte um Stellungnahme zu dem Sachverhalt unbeantwortet.
Unabhängig davon hieß es vonseiten des Magdeburger Gerichts auch: Selbst wenn man Gerro als »nahestehende Person im Sinne des FreizügG/EU ansehen würde, ergebe sich daraus kein Anspruch auf ein Aufenthaltsrecht«. Denn bei der Vergabe eines solchen Rechts handele es sich um eine Ermessensentscheidung der Behörde. In diesem Fall, so das Gericht, sah die Behörde keinen zwingenden Grund, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen – unter anderem, weil Gaye ohne Visum eingereist war. Laut der zuständigen Ausländerbehörde lag gegen ihn eine »seit drei Jahren bestehende vollziehbare Ausreiseverpflichtung« vor.
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Indes mehrt sich der Protest aus der Politik gegen die Abschiebung des 33-Jährigen. Nachdem sich bereits der Vizebürgermeister von Marseille, ein Bekannter Gayes, eingeschaltet hatte, wurden nun mehrere Briefe deutscher Bundestagsabgeordneter an das sachsen-anhaltische Innenministerium öffentlich. Die Linke-Bundestagsabgeordneten Clara Bünger und David Schliesing bitten darin darum, die »Entscheidung zu überdenken und Herrn Gaye ein gemeinsames Leben mit seiner Partnerin in Deutschland zu ermöglichen«.
Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Kassem Taher Saleh setzt sich beim Landesministerium dafür ein, »von der Durchführung dieser Abschiebungsmaßnahme abzusehen«. In seinem Schreiben hebt er Gayes ehrenamtliches Engagement für die Rechte Geflüchteter hervor. »Eine Abschiebung würde für ihn nicht nur eine gravierende Zäsur im persönlichen und sozialen Umfeld bedeuten, sondern wäre auch ein Verlust für unsere Gesellschaft von seinem zivilgesellschaftlichen Engagement für Demokratie und grundlegende Menschenrechte«, so der Politiker.
Angesichts der drohenden Abschiebung ruft Solimo für Mittwoch zu einer Demonstration am Frankfurter Flughafen auf. An die für die Maßnahme verantwortliche Airline Freebirds gerichtet lautet die Forderung, »inhumane Abschiebungen« zu stoppen. Eine Petition gegen die Abschiebung wurde bis zum Redaktionsschluss knapp 3300 Mal unterzeichnet.
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