Bremens Regierung: Verdacht auf »Goldenen Handschlag«

Wegen der Frühpensionierung ihres Staatsrats gerät Wirtschaftssenatorin Vogt ins Visier der Ermittler

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Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) ist in den Fokus der Ermittlungen geraten, weil sie einen Staatsrat in den einstweiligen Ruhestand versetzte.
Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) ist in den Fokus der Ermittlungen geraten, weil sie einen Staatsrat in den einstweiligen Ruhestand versetzte.

Bremen. Gegen Bremens Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) wird wegen des Verdachts der Untreue ermittelt. Hintergrund ist die Versetzung ihres damaligen Staatsrats Sven Wiebe in den einstweiligen Ruhestand, bei der Vogt möglicherweise gegen das Beamtenrecht verstoßen hat. Das teilte die Bremer Staatsanwaltschaft mit.

Am Freitag durchsuchten Ermittler drei Objekte: das Wirtschaftsressort sowie die Privaträume Vogts und Wiebes. Dabei wurden unter anderem digitale Datenträger sichergestellt. Diese würden nun ausgewertet, teilte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Man befinde sich noch in einem frühen Stadium der Ermittlungen; der Fall werde jedoch mit hoher Priorität behandelt.

Vogt hatte Wiebe im Jahr 2023 in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Die Opposition vermutet, dass der Grund für diese Entscheidung nachträglich geändert wurde, um dem Staatsrat eine höhere Altersversorgung zu ermöglichen. Ein solcher »Goldener Handschlag« könnte einen Verstoß gegen geltendes Recht darstellen.

Das Instrument des einstweiligen Ruhestands ist kostspielig – und eigentlich nur für besondere Fälle vorgesehen: Es dient als Sonderregelung für politische Beamte, etwa wenn das Vertrauen der Regierung nicht mehr besteht. Üblicherweise kommt es nach einem Regierungswechsel zum Einsatz, wenn Beamte nicht mehr zu den politischen Zielen der neuen Leitung passen.

Ein Sprecher Vogts wollte sich zu den Vorwürfen nicht äußern: »Wir bitten um Verständnis, dass wir uns aufgrund des laufenden Verfahrens nicht äußern können.« Die Bremer Linke stellte sich unterdessen hinter die Senatorin. Fraktionschefin Sofia Leonidakis und Landessprecher Christoph Spehr erklärten: »Wir sind überzeugt, dass Kristina Vogt keine andere Möglichkeit hatte und sich nichts zuschulden kommen ließ.« Man gehe davon aus, dass auch die Staatsanwaltschaft zu diesem Ergebnis kommen werde.

Parallelen zur Umweltsenatorin

Ein möglicherweise vergleichbarer Fall hatte sich bereits zwei Wochen zuvor ereignet: Die Bremer Umweltsenatorin Kathrin Moosdorf (Grüne) trat zurück, nachdem bekannt wurde, dass auch gegen sie ermittelt wird. Der Vorwurf: Moosdorf soll ihre Staatsrätin Irene Strebl unter fragwürdigen Umständen in den einstweiligen Ruhestand versetzt haben.

Laut Umweltressort hatte Strebl erklärt, dass ihre persönliche Situation ihr auf längere Zeit nicht die nötige »Tatkraft« ermögliche. Dennoch steht der Verdacht im Raum, dass die Maßnahme rechtlich nicht gedeckt war. In der Pressemitteilung wurde Strebl zwar gelobt, doch Moosdorf hatte im Anschluss widersprüchliche Angaben zur Frühpensionierung gemacht – und dabei ebenfalls die teuerste Lösung gewählt.

Forderungen nach Aufklärung und Neuwahlen

Angesichts der Vorwürfe wächst der Druck auf den rot-grün-roten Senat unter Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD). Die CDU als stärkste Oppositionsfraktion fordert umfassende Aufklärung. »Senatorin Vogt muss jetzt vollständig reinen Tisch machen. Alle Fakten gehören auf den Tisch, bevor weiterer Schaden entsteht«, sagte CDU-Abgeordneter Jens Eckhoff.

Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) spricht von einer »tiefen Krise« der Landesregierung. Der BSW-Landesvorsitzende Christopher Schulze forderte Bovenschulte auf, den Weg für Neuwahlen freizumachen.

Die Bremer Landesregierung steht ohnehin vor größeren personellen Veränderungen: Bereits im August hatte Bildungssenatorin Sascha Karolin Aulepp (SPD) ihren Rücktritt angekündigt. Ihr Nachfolger ist der Bildungsexperte Mark Rackles (SPD). Zudem wird Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) zum Jahresende sein Amt niederlegen. Seine Nachfolge soll die frühere Wehrbeauftragte des Bundestags, Eva Högl, antreten. dpa/nd

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