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Kriegsende rückt näher – oder auch nicht

Nach dem Nein der USA zu Tomahawk-Raketen will Selenskyj jetzt Patriots

Alltag nahe der Front: Von einem friedlichen Leben ist die Ukraine noch weit entfernt.
Alltag nahe der Front: Von einem friedlichen Leben ist die Ukraine noch weit entfernt.

Das Treffen zwischen dem ukrainischen und dem US-amerikanischen Präsidenten Wolodmyr Selenskyj und Donald Trump am vergangenen Freitag sorgt weiter für viel Wirbel. US-Medien berichten, Trump habe faktisch sein Nein zur Lieferung von Tomahawk-Raketen erklärt und bezüglich weiterer ukrainischer Bitten keine konkreten Zusagen gemacht. Zudem soll Trumps Umfeld den Eindruck haben, Selenskyj wolle keine Kompromisse eingehen, um den Krieg zu beenden und stattdessen eine Eskalation provozieren. Laut »Washington Post« soll der US-Sonderbeauftragte Steve Witkoff Selenskyj aufgefordert haben, die ukrainische Armee aus dem Donbass zurückzuziehen.

Laut »Financial Times« soll auch Trump den ukrainischen Präsidenten zu diesem Schritt gedrängt haben und auch sonst außer sich gewesen sein. Kritische ukrainische Medien und Telegram-Kanäle bezeichnen das Treffen als Demütigung für die Ukraine, Selenskyj habe sich für die Situation an der Front rechtfertigen müssen.

Trump will Krieg an der Frontlinie einfrieren

Am Sonntag sprach Trump an Bord seines Regierungsflugzeugs davon, für ein Ende der Kämpfe den Frontverlauf einzufrieren und damit den Donbass zu teilen. Russland und die Ukraine sollten jeweils dort bleiben, wo sich ihre Truppen aktuell befänden, alles Weitere sei »sehr schwer auszuhandeln«, sagte Trump.

Sowohl Kiew als auch Moskau werden auf diesen Vorschlag nicht eingehen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow betonte, Russland denke nicht daran, seine Truppen aufzuhalten. Das Einfrieren der Frontlinie widerspreche der russischen Verfassung, hieß es weiter.

Selenskyj sprich von möglichem Kriegsende

Daten des der ukrainischen Armee nahestehenden Projektes »Deep State« zeigen, dass die russische Armee ungeachtet ukrainischer Gegenangriffe kurz davor stehen könnte, das heftig umkämpfte Kupjansk einzunehmen, sollte Kiew keine Verstärkung schicken. Damit widerlegt »Deep State« Selenskyj, der öffentlich von Erfolgen an diesem Frontabschnitt spricht. Von einem Rückzug will Selenskyj aber nichts wissen, auch wenn Russland das fordert.

Am Montag sorgte der ukrainische Präsident für einen verwirrenden Auftritt in Kiew. Journalisten sagte er, Moskau und Kiew würden sich »einem möglichen Ende des Krieges« annähern. »Das sage ich Ihnen ganz sicher.« Allerdings, so Selenskyj weiter, »bedeutet das nicht, dass er definitiv beendet sein wird.« Denn »dieser Krieg kann nicht so schnell beendet werden.« Trump habe im Nahen Osten viel geleistet und wolle nun auch Russlands Krieg beenden. Allerdings habe der ganz andere Ausmaße, weshalb es länger dauere.

Statt Tomahawks sollen Patriots kommen

Selenskyj sagte zudem erneut, er sei durchaus zu einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin bereit, wenn Trump ihn einlade. Budapest sei dafür aber nicht der geeignetste Ort, da sich Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán ukrainekritisch gebe.

Nach Trumps Absage der Tomahawk-Raketen hat Selenskyj 25 Patriot-Luftabwehrsysteme gefordert. »Das sind 25 Systeme, die wir brauchen«, sagte der Ukrainer, ohne zu erläutern, woher das Geld dafür kommen soll. Den westlichen Unterstützerstaaten warf er vor, zwar rhetorisch hinter der Ukraine zu stehen, den versprochenen Zahlungen für neue Waffen aber nicht nachzukommen.

Da die Verhandlungen über neue Gelder zäh verlaufen, soll Selenskyj persönlich in der EU vorstellig werden, heißt es in Kiew. Die Ukraine braucht bis zu 40 Milliarden Euro, um ihren Haushalt auszugleichen und neue Waffen zu kaufen. Noch in dieser Woche könnte sich die EU auf einen Mechanismus einigen, um eingefrorene russische Gelder für die Ukraine zu verwenden.

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