Werbung

Wehrpflicht: Weder die Söhne noch die Töchter

Wolfgang Hübner über den wachsenden Druck für einen neuen militärischen Zwangsdienst

Die Pläne zur Wiedereinführung der Wehrpflicht stoßen auf Protest; die deutliche Mehrheit der 18- bis 29-Jährigen lehnt diese ab.
Die Pläne zur Wiedereinführung der Wehrpflicht stoßen auf Protest; die deutliche Mehrheit der 18- bis 29-Jährigen lehnt diese ab.

Boris Pistorius ist dieser Tage auf Werbe- und Einkaufstour. Er vereinbart militärische Zusammenarbeit in Island, will in Kanada ein U-Boot-Geschäft einfädeln, bespricht in Großbritannien diverse Projekte für Rüstungsinvestitionen. Zuletzt hatte er militärpolitische Kontakte zur Schweiz, zu Polen und Schweden – ein Handlungsreisender in Sachen Kriegsgerät mit riesigem Budget.

Die Dauerberichterstattung über solche Aktivitäten normalisiert die Hochrüstung und macht sie zum alltäglichen Thema. Kriegsgeschäft als business as usual. Begleitet wird diese vom Sozialdemokraten Olaf Scholz ausgerufene und vom Christdemokraten Friedrich Merz fortgesetzte »Zeitenwende« durch die Zurichtung der gesamten Gesellschaft aufs Kriegerische. Kanzler Merz will sich zwar den Sozialstaat nicht mehr leisten, aber für Waffen, Munition und Kasernen ist Geld ohne Ende da.

Dazu gehört der wachsende Druck, die Wehrpflicht wieder einzuführen. Ob nun mit einem – verfassungsrechtlich bedenklichen – Losverfahren oder mit einer Pflicht für alle: Die nachwachsenden Generationen sollen wieder zum Dienst an der Waffe genötigt werden. Pistorius will am liebsten ganze Jahrgänge komplett mustern und für die Bundeswehr erfassen lassen, weil man so angeblich das zum Hauptfeind erklärte Russland abschrecken könne.

Fragt eigentlich auch jemand die Betroffenen, die junge Generation? Ja, es gibt Umfragen, und die sagen, dass zwei Drittel der 18- bis 29-Jährigen gegen eine Wehrpflicht sind. Nur ein Drittel in dieser Altersgruppe findet ein Losverfahren für die Auswahl von Wehrpflichtigen gerecht. Da ist es kein Wunder, dass Beratungsstellen für Kriegsdienstverweigerer in den letzten Monaten einen drastischen Anstieg der Anfragen von Jugendlichen, Eltern und Großeltern sowie von aktiven Soldaten und Reservisten verzeichneten. Wer will sich schon gern verheizen lassen? Es ist an der Zeit, mal wieder Reinhard Meys fast 40 Jahre altes Lied »Nein, meine Söhne geb’ ich nicht« zu hören. Hinzuzufügen wäre heute: Die Töchter auch nicht.

- Anzeige -

Wir sind käuflich. Aber nur für unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen

Mit »Freiwillig zahlen« machen Sie mit. Sie tragen dazu bei, dass diese Zeitung eine Zukunft hat. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -