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Flugverbot über Atommülllager
Nach jahrzehntelangem Drängen von Bürgerinitiativen werden Schutzzonen eingerichtet
Nach jahrzehntelangem Drängen von Umweltschützern werden über den drei zentralen deutschen Atommüllzwischenlagern in Gorleben (Niedersachsen), Ahaus (Nordrhein-Westfalen) und Lubmin (Mecklenburg-Vorpommern) demnächst Flugverbotszonen eingerichtet. Die Beschränkungen für Flugzeuge und Drohnen treten am 19. März 2026 in Kraft, wie die Deutsche Flugsicherung mitteilte.
Das Flugverbot gilt dann auch für weitere Atomanlagen an den genannten Standorten. Nahe Lubmin befinden sich mehrere Blöcke des einstigen DDR-Atomkraftwerks »Bruno Leuschner« und mehrere kleinere nukleare Einrichtungen im Rückbau. Im Gorlebener Wald stehen neben der mit 113 Castorbehältern befüllten Lagerhalle für hoch radioaktiven Müll ein weiteres Zwischenlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle und eine einstmals zur Reparatur defekter Castoren gedachte Pilotkonditionierungsanlage, die den »heißen« Betrieb allerdings nie aufgenommen hat. Für viele andere AKW-Standorte mit Castor-Zwischenlagern wurden Flugverbotszonen bereits vor längerer Zeit eingerichtet.
Die Bürgerinitiative (BI) Umweltschutz Lüchow-Dannenberg begrüßt die Einrichtung der Flugverbotszonen, fordert aber gleichzeitig weitergehende Maßnahmen. »Jahrelang haben wir darauf hingearbeitet, dass es in Gorleben zu einer Flugverbotszone wie an allen anderen kerntechnischen Einrichtungen kommt, um ein Mehr an Sicherheit zu schaffen«, sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. »Unsere Beharrlichkeit hat sich gelohnt, zumal die niedersächsische Landesregierung den Ernst der Lage begriffen und unsere Forderungen aufgegriffen hat.«
Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer (Grüne) reklamierte die Maßnahme umgehend als Erfolg für sein Haus. Das Bundesverkehrsministerium sei damit einem Antrag aus Niedersachsen gefolgt, Flugbeschränkungen über kerntechnischen Einrichtungen auszusprechen. »Endlich! Nach vielen Jahren beharrlichen Drängens seitens der Niedersächsischen Landesregierung werden die zuständigen Bundesbehörden angesichts der stark veränderten Sicherheitslage – insbesondere durch russische Drohnen – ein Flugbeschränkungsgebiet in Gorleben einrichten«, sagte Meyer.
»In Zeiten, in denen durch Russland, aber auch andere Gruppen mit Drohnen über sensiblen Anlagen Verunsicherung geschürt wird, ist es überfällig, dass direkte Überflüge in niedriger Höhe über dem Castorlager verboten werden«, so der Minister. Zuletzt hatten Anwohner im Mai Drohnen in unmittelbarer Nähe der Gorlebener Zwischenlager beobachtet. Daraufhin hatte Meyer die Region besucht und sich anschließend beim Bund für ein Flugverbot eingesetzt. Atomkraftgegner hatten eine solche Regelung immer wieder angemahnt, zuletzt Anfang Oktober mit Blick auf sich häufende Drohnensichtungen.
»In die Freude über ein bisschen mehr Sicherheit mischen sich gleich Fragen, ob die Luftsperrgebiete wirklich halten, was man sich davon verspricht«, erklärte BI-Sprecher Ehmke. Recherchen der Initiative hätten ergeben, dass die Flugverbotszone bei sogenannter kritischer Infrastruktur lediglich einen Umkreis von anderthalb Kilometern betrage. Für Drohnen gelte sogar nur ein Mindestabstand von 100 Metern. Dies sei aus der Sicht der BI völlig unzureichend, so Ehmke. Deshalb habe man die Atomaufsicht in Hannover um eine Stellungnahme und weitere Unterstützung gebeten.
Nicht geklärt seien zudem grundlegende Fragen: »Wer schreitet ein, wenn die Flugverbotszone verletzt wird? Wer ist konkret für die Zwischenlager zuständig?« Dass eine Flugverbotszone keinen Schutz vor absichtlich herbeigeführten Flugzeugabstürzen und bewaffneten Drohnenangriffen auf die Castor-Hallen biete, komme noch hinzu. Die Deutsche Flugsicherung konnte am Montag auf Anfrage noch nicht mitteilen, in welchem Radius und bis zu welcher Höhe die Flugverbotszonen über den Zwischenlagern genau eingerichtet werden.
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