Zwischenwahlen: Milei sieht lila

Argentiniens Präsident frohlockt über den Sieg bei den Zwischenwahlen

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 4 Min.
In Fahrt: Argentiniens Präsident Javier Milei bei der Abschlusskundgebung.
In Fahrt: Argentiniens Präsident Javier Milei bei der Abschlusskundgebung.

»Heute war ein historischer Tag. Heute haben wir den Wendepunkt erreicht. Heute beginnen wir mit dem Aufbau eines großartigen Argentiniens«, feierte ein sichtlich zufriedener Präsident Javier Milei seinen Triumph bei den Kongresswahlen in Argentinien.

Am Sonntag erzielte seine Regierungskoalition La Libertad Avanza (LLA/Die Freiheit schreitet voran) mit 41 Prozent die meisten Stimmen. Abgeschlagen auf dem zweiten Platz lag die peronistische Fuerza Patria (Patriotische Kraft) mit 32 Prozent der Stimmen.

Die Hälfte der 257 Abgeordneten des Abgeordnetenhauses und ein Drittel der 72 Mitglieder des Senats wurden am Sonntag gewählt. Der Wahltag verlief ohne Zwischenfälle. Da Wahlpflicht besteht, waren alle rund 36 Millionen Wahlberechtigten aufgefordert, zu den Urnen zu kommen. Dennoch lag die Wahlbeteiligung nur bei 68 Prozent. Bei den Zwischenwahlen vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 72 Prozent.

Dämpfer für Axel Kicillof

»Wie schön Argentinien ist und wie schön ihm lila steht«, rief Milei seiner Anhängerschaft in Anspielung auf die Farbe seiner Partei zu, in die sich nahezu das gesamte Land eingefärbt hat. Ein Blick auf die Einzelergebnisse aus den 23 Provinzen und der Hauptstadt zeigt, wie umfassend der Triumph der Regierungsallianz ist. In 16 Provinzen erhielt die LLA die meisten Stimmen, darunter in den wichtigen Provinzen Córdoba, Santa Fe und Mendoza. In der Hauptstadt Buenos Aires kam sie auf 47 Prozent der Stimmen.

Selbst in der Provinz Buenos Aires, der Hochburg der Peronisten, lag die LLA vorn, wenn auch nur mit einem halben Prozentpunkt. Noch Anfang September hatte sie bei den Provinzwahlen 14 Prozentpunkte Rückstand gehabt. Der große Verlierer des Wahltags ist zweifellos der Gouverneur der Provinz Buenos Aires, Axel Kicillof, dessen Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur 2027 mit diesem Resultat einen heftigen Dämpfer erhalten haben. Die öffentlichen Schuldzuweisungen haben schon begonnen.

»Milei und seine Regierung haben sich mit ihrem Jubeln geirrt«, setzte Kicillof trotzig nach. »Mit diesem Resultat haben sechs von zehn Argentiniern ihre Politik abgelehnt«, erklärte er. Nimmt man die geringe Wahlbeteiligung von 66 Prozent der 36 Millionen Wahlberechtigung hinzu, fällt die Zustimmung sogar noch geringer aus.

Achtungserfolg für linkes Bündnis

Einen Achtungserfolg erzielte das linke Bündnis Frente de Izquierda y de Trabajadores – Unidad (Link- und Arbeiterfront – Einheit). Mit landesweit knapp fünf Prozent kam es auf den vierten Platz, hinter der Wahlallianz einiger Provinzgouverneure, die zwar Rang drei belegen, mit sieben Prozent der Stimmen aber ein unerwartet enttäuschendes Ergebnis einfuhren.

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Ein weiterer Verlierer ist der ehemalige konservative Präsident Mauricio Macri (2015–2019). Seine Partei PRO wird im nächsten Kongress auf eine Handvoll Abgeordneter schrumpfen. Macri hatte zugestimmt, nicht mit einer eigenen Kandidat*innenliste anzutreten, sondern eine gemeinsame Liste aufzustellen, die jedoch ausschließlich unter dem Namen La Libertad Avanza antrat.

Mit ihrem guten Abschneiden werden die Regierung und ihre Koalitionspartner mehr als ein Drittel der Sitze im künftigen Abgeordnetenhaus innehaben. Die sind notwendig, um zu verhindern, dass die Dekrete und Vetos des Präsidenten vom Kongress außer Kraft gesetzt werden können. Eine eigene Mehrheit erreichen sie dennoch nicht. Der neue Kongress tritt am 10. Dezember zusammen.

Trump ist Mileis erster Gratulant

Der Erfolg ist umso überraschender angesichts der Skandale und Streitigkeiten, die die Regierung in den vergangenen Monaten erschütterten. Noch drei Tage vor den Wahlen hatte Außenminister Gerardo Werthein wegen interner Querelen das Handtuch geworfen und seinen Rücktritt verkündet. Auch die Tatsache, dass die US-Regierung direkt in den argentinischen Finanzmarkt eingriff, um das Land vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu retten und so faktisch die Rolle der Zentralbank übernahm, schadete der Regierung offensichtlich nicht.

US-Präsident Donald Trump war denn auch der Erste, der dem rechtslibertären Präsidenten zu seinem »überwältigenden Sieg« gratulierte und sich wohl auch selbst für seinen guten Riecher. Trump weiß, wann es sich lohnt, ein paar Milliönchen zu investieren. »Er macht einen wunderbaren Job! Unser Vertrauen in ihn wurde vom argentinischen Volk bestätigt«, schrieb Trump auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social.

Der Finanzmarkt reagierte sofort. An der Wall Street legten die Kurse der argentinischen Unternehmen und Staatsanleihen schon im vorbörslichen Handel um bis zu 35 Prozent zu. Der Dollar verbilligte sich auf 1400 Peso. Am vergangenen Freitag mussten noch 1515 argentinische Peso für einen Greenback bezahlt werden.

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