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- Merz in der Türkei
Es lebe die militärisch-wirtschaftliche Kooperation
Svenja Huck über den Besuch von Friedrich Merz in der Türkei
»Strategische Partnerschaft« – so heißt die Richtschnur für Friedrich Merz in puncto Türkei. Vor seinem Antrittsbesuch wurde Merz aufgefordert, sich auch mit Vertreter*innen der Opposition zu treffen. Doch dafür blieb dem deutschen Kanzler keine Zeit, zwischen Treffen mit deutschen Unternehmen in Ankara, mit dem türkischen Präsidenten und dem Abendessen mit den First Ladies im familiären Rahmen.
Vor dem Hintergrund, dass der beliebte Istanbuler Bürgermeister und führende Oppositionspolitiker Ekrem İmamoğlu derzeit unter fadenscheinigen Vorwürfen inhaftiert ist, wird der Kanzler nun kritisiert, kein Gespräch mit der Opposition gesucht zu haben. Dabei ist die Prioritätensetzung seines Besuchs vor allem eins: ehrlich. Aus den innenpolitischen Konflikten in der Türkei hält man sich raus, lediglich mit dem Gewinner des Machtkampfes wird verhandelt.
Dass Demokratie und Rechtsstaatlichkeit verletzt werden, wird zu einem Hindernis für den EU-Beitrittsprozess reduziert, nicht etwa als akutes Problem für die Mehrheit der türkischen Bevölkerung verstanden. Die Bindung an die EU ist gerade stark genug, um deutsche Investitionen zu ermöglichen, jedoch nicht stark genug, um Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte durchzusetzen, wonach auch der seit neun Jahren inhaftierte kurdische Oppositionspolitiker Selahattin Demirtaş freigelassen werden müsste.
Wer sich in der Türkei noch Hoffnungen gemacht hat, von Deutschland unterstützt zu werden im Kampf um Demokratie, wurde nun in aller Klarheit eines Besseren belehrt. »Strategische Partnerschaft«, wie sie Merz betonte, heißt wirtschaftliche Kooperation und Militärbündnis. In der Geschichte der deutsch-türkischen Beziehungen sind dies die altbewährten Grundpfeiler.
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