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Kriegerischer Zeitgeist

Der Streit über die Musterung dient der militärischen Vorbereitung, meint Stefan Otto

Dürfen, sollen, müssen: Seit Wochen streitet die Koalition über die Musterung von jungen Menschen. Jetzt hat der Generalinspekteur der Bundeswehr sich dazu unmissverständlich geäußert: Zur Erlangung der Kriegstüchtigkeit will er die bestmöglichen Optionen haben.
Dürfen, sollen, müssen: Seit Wochen streitet die Koalition über die Musterung von jungen Menschen. Jetzt hat der Generalinspekteur der Bundeswehr sich dazu unmissverständlich geäußert: Zur Erlangung der Kriegstüchtigkeit will er die bestmöglichen Optionen haben.

Die Debatte um das neue Wehrdienstgesetz zieht sich hin. Sollen junge Menschen per Losentscheid gemustert oder alle auf ihre Tauglichkeit bei der Armee hin untersucht werden – so wie bis zur Aussetzung der Wehrpflicht 2011? Schlagzeilen machen vor allem die Streitigkeiten innerhalb der schwarz-roten Koalition, die bisweilen wie ein Geplänkel wirken. Denn grundsätzlich herrscht Einigkeit, und ein Gesetz lässt sich schnell nachbessern: Regierung und Bundeswehr wollen handlungsfähig sein, sollte sich der Ukraine-Krieg doch ausweiten. Generalinspekteur Carsten Breuer ließ keinen Zweifel daran, dass er alle Optionen bei der Musterung offenhalten will.

Das ist zweifellos die Sprache des Militärs, das über die Köpfe hinweg entscheidet, um seine strategischen Interessen zu sichern. Im Ernstfall drohen Einschränkungen der freiheitlichen Rechte. Dann könnte die Zwangsrekrutierung Realität werden. Die Diskussion über die Musterung dient offenkundig auch dazu, die Bevölkerung auf mögliche militärische Einsätze vorzubereiten.

Fahrlässig ist, dass Alternativen für eine Deeskalation kaum noch berücksichtigt werden. Der Zeitgeist wirkt zunehmend kriegerisch, während die Stimmen der Mahnenden nach den Erfahrungen zweier Weltkriege kaum noch gehört werden. Fast scheint es, als sei der bekannte pazifistische Slogan »Nie wieder!« verstummt. Dabei ist es wichtiger denn je, genau hinzusehen und zu verhindern, dass die Debatten über Zwangsrekrutierung und militärische Einsätze wieder zur Normalität werden.

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