Berlin: Schutz für Frauen hat Grenzen

Nach dem Kürzungsstopp muss der Abschiebestopp folgen, meint Jule Meier.

Bis Oktober wurden bereits 19 538 Menschen in ihre Heimatländer abgeschoben – 18 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
Bis Oktober wurden bereits 19 538 Menschen in ihre Heimatländer abgeschoben – 18 Prozent mehr als im Jahr zuvor.

Die SPD-Fraktion plant alle Kürzungen im Bereich Gewaltschutz für Frauen zurückzunehmen. Das ist zwar keine Nachricht zum Feiern, aber dennoch bedeutsam. Denn sollte der große Protest von Beschäftigten aus dem Bereich Erfolg haben und sollten die 2,574 Millionen Euro mit Verabschiedung des Haushalts im Dezember tatsächlich nicht gekürzt werden, dürften mehr Frauenhäuser, Beratungsstellen und Präventionsangebote überleben als bis vor Kurzem gedacht. Damit kehrt man zum Status quo eines sowieso unterfinanzierten Sektors zurück. Immerhin!

Doch während der Kürzungsstopp als feministischer Erfolg verkauft wird, schließt dieselbe Koalition geflüchtete Frauen vom Schutz aus. Zu kurz kommen jene Frauen, die vor Krieg und sexualisierter Gewalt geflohen sind. Frauen, die mit ihren Kindern auf wenigen Quadratmetern wohnen und Angst haben, abgeschoben zu werden – dorthin, wo sie bereits Gewalt erfahren haben, oder dorthin, wo sie weniger Schutz erwartet als hier.

Mit den Abschiebungen aus Berlin in Länder wie die Türkei oder nach Moldau verstößt Schwarz-Rot gegen das Schutzgebot der Istanbul-Konvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Aber nicht nur damit: Die Pläne, Massenunterkünfte in Tegel und Tempelhof zu verstetigen oder gar zu dauerhaften Lagern zu vergrößern, erhöhen das Risiko für Frauen, Gewalt zu erfahren. Mal abgesehen davon, dass eine solche Unterbringung für niemanden menschenwürdig ist. Nach dem Stopp der Kürzungen braucht es jetzt einen Abschiebestopp und einen sicheren Aufenthalt für alle Frauen, die Gewalt erfahren haben. Ob in der Hauptstadt oder außerhalb der Stadtgrenze.

- Anzeige -

Andere Zeitungen gehören Millionären. Wir gehören Menschen wie Ihnen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser*innen und Autor*innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.

Dank der Unterstützung unserer Community können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen ins Licht rücken, die sonst im Schatten bleiben
→ Stimmen Raum geben, die oft zum Schweigen gebracht werden
→ Desinformation mit Fakten begegnen
→ linke Perspektiven stärken und vertiefen

Mit »Freiwillig zahlen« tragen Sie solidarisch zur Finanzierung unserer Zeitung bei. Damit nd.bleibt.