Brandenburgs Linke braucht Geld

Spendenkampagne soll die nach der Nieder­lage bei der Land­tags­wahl fehlenden Mittel einwerben

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 5 Min.
Bei der Landtagswahl 2024 war für Die Linke nicht mehr drin als drei Prozent. Jetzt gilt es, eine Durststrecke zu überwinden.
Bei der Landtagswahl 2024 war für Die Linke nicht mehr drin als drei Prozent. Jetzt gilt es, eine Durststrecke zu überwinden.

Seit Ende 2023 sind mehr als 2000 Brandenburger der Linken beigetreten. Allein 1600 Eintritte verzeichnete die Partei im laufenden Jahr. Der Landesverband zählt jetzt etwa 5450 Genossen, wie Landesgeschäftsführer Stefan Wollenberg sagt. Im kommenden Jahr möchte Brandenburgs Linke wieder die mitgliederstärkste Partei Brandenburgs sein. Das waren die Sozialisten nach der Wende lange mit Abstand, büßten aber Jahr für Jahr ein, bis sie vor sieben Jahren von der SPD überholt wurden und schließlich auch von der CDU.

Mehr als jedes dritte Linke-Mitglied in Brandenburg ist neu dabei, und viele sind ziemlich jung. Daneben gibt es die alten Genossen. Diese sollen künftig für eine Mitgliedschaft von 20 und mehr Jahren geehrt und für besondere Verdienste gewürdigt werden. Das wünschen sich die Arbeitsgemeinschaft Senioren und andere. Ihr Antrag steht auf der Tagesordnung für den Landesparteitag an diesem Samstag im Potsdamer »Seminaris-Seehotel«. Neben einem Frauenplenum, das es bereits mehrfach gegeben hat, ist dort erstmals auch ein spezielles Seniorenplenum vorgesehen.

Brandenburgs Linke erlebte dieses Jahr eine Eintrittswelle und eine nicht mehr für möglich gehaltene Auferstehung, als sie bei der Bundestagswahl im Februar 11,7 Prozent erzielte. Nur fünf Monate zuvor hatte der Landesverband mit knapp 3 Prozent bei der Landtagswahl seine bitterste Niederlage hinnehmen müssen. Seitdem ist Brandenburg das einzige ostdeutsche Bundesland ohne Linksfraktion.

Analyse der Wahlniederlage verlangt

Der Kreisverband Oberhavel fordert eine offene Analyse und Auswertung der Landtagswahl. Die Kreisverbände sollen prüfen, wie mit den Ressourcen umgegangen wurde, welche Wahlkampfmaterialien gut genutzt wurden und welche nicht. Das soll dazu beitragen, sich der Probleme bewusst zu werden und Lösungen aufzuzeigen. »Mit der Wahlkampfanalyse sollen keine Schuldigen an den Pranger gestellt werden«, wird in der Begründung des vom Parteitag zu behandelnden Antrags beteuert. Es gehe um die Vorbereitung für die Wahlen im Jahr 2029 oder früher, falls die Koalition aus SPD und BSW zerbricht.

Die Niederlage bei der Landtagswahl hat finanzielle Auswirkungen. Aus der staatlichen Wahlkampfkostenerstattung werden bis zu den nächsten Kommunal- und Landtagswahlen 2029 nur noch 83 000 Euro zur Verfügung stehen. Um den Wahlkampf dennoch bestreiten zu können, ist eine Spendenkampagne vorgesehen. Sie soll jährlich mindestens 50 000 Euro einbringen. Schwerpunkt der Kampagne soll das Einwerben regelmäßiger Zuwendungen sein.

Schwer zu kompensieren ist, dass Brandenburgs Linke als außerparlamentarische Opposition kaum noch wahrgenommen wird. Auch bei der Kommunalwahl 2024 hatte die Partei drastische Verluste hinnehmen müssen. Sie ist aber immerhin in allen Kreistagen, in den meisten Stadtverordnetenversammlungen und in vielen Gemeindevertretungen noch präsent, stellt außerdem einige Bürgermeister und mit Kornelia Wehlan in Teltow-Fläming sogar eine Landrätin. Die kommunale Ebene soll für die Aufmerksamkeit sorgen, die auf landespolitischer Bühne fehlt.

Kein Garant für künftige Erfolge

»Die Arbeit und Ansprechbarkeit vor Ort war eine alte Stärke unserer Partei, und sie wird nun erneut zu einem zentralen Anker«, steht in einem Leitantrag des Landesvorstands für den Parteitag. Darin heißt es auch: Die Rückkehr in den Bundestag in Fraktionsstärke und mit drei Abgeordneten aus Brandenburg sei hart erkämpft worden, aber kein Garant für künftige Erfolge. Die Ergebnisse von Bürgermeisterwahlen im Herbst hätten gezeigt, dass es noch viel zu tun gebe.

Bei der Oberbürgermeisterwahl in Frankfurt (Oder) hatte die von der Linken mitgetragene SPD-Kandidatin Simona Koß mit 8,6 Prozent ein sehr bescheidenes Resultat eingefahren. Bei der Oberbürgermeisterwahl in Brandenburg/Havel erzielte die von Linke, Grünen und Tierschutzpartei unterstützte Einzelbewerberin Birgit Patz lediglich 6,8 Prozent. Deutlich besser waren die 16 Prozent des Linke-Kandidaten Dirk Harder in Potsdam. Ihm fehlte nur ein Prozentpunkt, und er wäre in die Stichwahl gekommen. So gesehen hatte Harder so schlecht nicht abgeschnitten. Nur war es das erste Mal seit Jahrzehnten, dass ein Kandidat der Sozialisten bei einer Oberbürgermeisterwahl in Potsdam nicht das zweitbeste Ergebnis erzielte.

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Ebenfalls nicht für die Stichwahl gereicht haben die 16,3 Prozent von Stefanie Rose bei der Bürgermeisterwahl in Oranienburg. Es war vorher eingeschätzt worden, dass sie als Einzelbewerberin bessere Chancen gehabt hätte. Doch Rose verleugnete ihr Parteibuch nicht und trat als Linke an. Dass sie im Vergleich mit den Wahlen in Frankfurt (Oder) und Brandenburg/Havel so gut abgeschnitten hat, ist einige Überlegungen wert. Die Einsicht, beim derzeitigen Zustand der Partei schade das Etikett »Linke« dem jeweiligen Kandidaten nur, ist möglicherweise schon wieder überholt. Vielleicht hätte Birgit Patz als Linke mehr Stimmen bekommen denn als Einzelbewerberin. Vielleicht hätte auch in Frankfurt (Oder) eine Kandidatin der Linken ein besseres Ergebnis erzielt als die Sozialdemokratin Simona Koß. Letztlich bleibt das aber spekulativ, weil bei Bürgermeisterwahlen viel von den Personen und der Situation vor Ort abhängt. Solche Wahlen haben ihre eigenen Gesetze.

Bürgermeister der AfD verhindern

Auf Wahlbündnisse orientiert ein Antrag »Demokratie verteidigen – AfD in den Kommunen verhindern«. Darin wird gewarnt, ein neuer Faschismus sickere seit Jahren schleichend ins gesellschaftliche Bewusstsein. »Deshalb ist es unsere unbedingte Pflicht als Linke, die Eroberung kommunaler Spitzenämter durch die AfD zu verhindern. Wir müssen mit jeder demokratischen, jeder antifaschistischen Kandidatin die Verständigung suchen und sie gegebenenfalls unterstützen – auch wenn sie nicht aus unseren Reihen stammt.« Das sei kein Verrat an den eigenen Überzeugungen, sondern deren konsequente Umsetzung.

Noch stellt die AfD in Brandenburg keinen einzigen Bürgermeister oder Landrat. Sie war aber mehrfach nah dran an einem Erfolg. Nicht immer, aber oft stoßen ihre Kandidaten zumindest in die Stichwahl vor. In dieser ist es dann zuweilen schon sehr knapp geworden.

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