Berliner Hochhausleitbild: Einfacher höher bauen

Mit dem neuen Hochhausleitbild soll der Bau von reinen Wohnhochhäusern erleichtert werden

Hochhauslandschaften wie am Potsdamer Platz sind in Berlin die Ausnahme.
Hochhauslandschaften wie am Potsdamer Platz sind in Berlin die Ausnahme.

Auf Gegenliebe aus der Stadtgesellschaft stoßen Hochhausprojekte selten. Ob bei den Plänen für Bürotürme in der »Urbanen Mitte« oder bei den zahlreichen geplanten Gebäuden rund um die Warschauer Straße: Es gibt großen Protest. Der Senat hat nun sein neues Hochhausleitbild vorgestellt. Weniger Vorgaben und ein vereinfachter Genehmigungsprozess sollen den Bau von Wohnhochhäusern erleichtern.

Was ist ein Hochhaus?

»Hochhäuser können einen Beitrag zur Lösung der Wohnungsfrage in Berlin leisten«, teilt Bausenator Christian Gaebler (SPD) mit. Hochhäuser sollten als Bebauungstypologie dort geplant werden, wo es städtebaulich sinnvoll sei, so der Senator weiter. »Das Neue Hochhausleitbild 2025 bildet dafür den Rahmen und stellt sicher, dass Hochhäuser nicht nur mit einer hohen städtebaulichen und architektonischen Qualität entstehen, sondern auch einen Mehrwert für die Menschen in Berlin bieten.«

Anwendung findet das Leitbild bei Gebäuden, deren Höhe die »gebietsprägenden Bestandshöhen« um mehr als 50 Prozent übersteigt. Im Innenstadtbereich mit der typischen »Berliner Traufe« von 21 Metern ist dies ab einer Gebäudehöhe von 35 Metern der Fall. Nicht zur Anwendung kommt das Leitbild, wenn die Umgebung bereits maßgeblich durch eine Hochhausbebauung geprägt ist, wie etwa in Großwohnsiedlungen.

Im Vergleich zum 2020 verabschiedeten Hochhausleitbild gibt es einige Änderungen. Der Planungsprozess wird von vier auf drei Planungsphasen reduziert. Das Baukollegium, ein beratendes Gremium für wichtige Bauprojekte der Hauptstadt, soll künftig nur noch einmal zu Beginn der Planung konsultiert werden, wenn geklärt wird, ob sich ein Standort überhaupt für ein Hochhaus eignet.

Reine Wohnhochhäuser möglich

Eine weitere Änderung betrifft die Nutzungsmischung. Bislang mussten Hochhäuser über 60 Meter gemischt genutzt werden. Das bedeutet, dass etwa ein Hochhaus mit überwiegender Büronutzung zu 30 Prozent für Wohnen oder gemeinwohlorientiert genutzt werden musste. Umgekehrt galt das Gleiche: In Wohnhochhäusern sollten 30 Prozent der Flächen Gewerbe vorbehalten sein. Für letztere soll diese Pflicht nicht mehr gelten, reine Wohnhochhäuser sollen also möglich werden.

Zugleich wird allerdings von der Pflicht für eine öffentlich zugängliche Dachterasse abgesehen. Ab jetzt kann etwa auch das Dach eines Sockelgebäudes öffentlich zugänglich gemacht werden. Oder aber das Dach wird in Wohngebäuden nur deren Bewohner*innen zugänglich gemacht.

Kritik aus der Opposition

»Ich kann sehr gut verstehen, dass ab jetzt reine Wohnhäuser möglich sein sollen«, sagt Julian Schwarze, baupolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion, zu »nd«. Bei 1,7 Millionen Quadratmetern leerstehender Bürofläche brauche man keine neuen Bürotürme. Schwarze spricht dennoch von einer »verpassten Chance«. »Hochhäuser prägen das Stadtbild langfristig. Mit dem neuen Hochhausleitbild wurde es verpasst, die Stadtgesellschaft zu beteiligen, wenn es darum geht, wo und welche Hochhäuser hier in Zukunft entstehen.«

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