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Karl-Theodor zu Guttenberg: Nur der Lebensgefährte
Ein Start-up, an dem der frühere CSU-Bundesminister beteiligt ist, wurde vom Wirtschaftsministerium bezuschusst
Immer mal wieder wird er in Podcasts und im Rundfunk interviewt, gern als Wirtschafts- und Finanzexperte: Karl-Theodor zu Guttenberg ist zwar seit fast 15 Jahren kein Politiker mehr, aber offenbar weiter ein Mann mit guten Verbindungen und vielfältigen Engagements in Unternehmen. Eins davon ist das Start-up GovRadar, an dem er einen kleinen Anteil hält – und das gemessen an seinem Umsatz viel Geld vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) erhalten hat, wie jetzt bekannt wurde. Chefin des Hauses ist Katherina Reiche – seit ihrem Amtsantritt im Mai offiziell Lebensgefährtin von »KT«, wie sich der CSU-Mann einst gern nennen ließ.
Von 2009 bis 2011 war der heute 53-Jährige der Popstar unter den Mitgliedern der Merkel-Regierungen I und II. Bei seiner Ernennung zum Bundeswirtschaftsminister im Februar 2009 war er Bundestagsabgeordneter und einige Monate CSU-Generalsekretär gewesen. Seine Kompetenz leitete er aus seinen Erfahrungen bei der Verwaltung des Vermögens seiner hochadligen Familie ab. Naheliegenderweise hatte er was gegen »Umverteilung« und plädierte stattdessen für »Leistungsgerechtigkeit«. Mit seiner Familie war er ständig Thema in »Gala« und Co.
Nach der Bundestagswahl 2009 wechselte er ins Verteidigungsressort, reiste viel nach Afghanistan, plädierte dafür, den dortigen militärischen Konflikt »umgangssprachlich Krieg« zu nennen und stieß verschiedene Reformen für die Truppe an, darunter die Aussetzung der Wehrpflicht. Heute wird dies als Fehler eingeschätzt. Damals war der Aufbau einer Interventionsarmee mit Freiwilligen allgemeiner Konsens. »KT« stolperte seinerzeit vielmehr über nachgewiesene Plagiate in seiner Promotion. Im März trat er von allen politischen Ämtern zurück. Als Mitglied der Atlantikbrücke und des Aspen-Instituts war und ist er aber bestens insbesondere in den USA vernetzt und arbeitet seither unter anderem als Unternehmensberater.
Nun aber ist der Eindruck entstanden, dass Guttenberg die private Verbindung zu seiner Amtsnachfolgerin auch beruflich nützt. Wie der »Spiegel«-am Mittwoch berichtete, hat das von Reiche geführte Ressort der GovRadar GmbH am 8. September 290 000 Euro an Fördermitteln bewilligt. Des Ex-Politikers Anteil an dem Start-up betrage zwar nur ein Prozent, könne aber schnell an Wert gewinnen, so das Magazin. GovRadar bietet Technologien an, mit denen der Aufwand bei der Erstellung von Ausschreibungsunterlagen angeblich um 90 Prozent reduziert werden kann. Kürzlich sprach Guttenberg im Deutschlandfunk über das schwerfällige Beschaffungswesen bei der Bundeswehr, von denen sich die Truppe schnell befreien müsse. Ein Schelm, wer meint, er habe hier auf eine ganz bestimmte Expertise hinweisen wollen. Er betonte indes, er sei nie an der Beantragung von Geldern bei Ministerien beteiligt gewesen. Das Ministerium gab keine Auskünfte darüber, ob Reiche von den Förderanträgen wusste. Die Firma hat indes laut »Spiegel« schon unter ihrem Vorgänger Robert Habeck (Grüne) 111 000 Euro an Subventionen erhalten.
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