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Beau Greaves ist zurück im »Ally Pally«

Nach einer historischen Saison bei den Frauen wirft die 21-Jährige wieder bei der Weltmeisterschaft in London

  • Lennart Garbes
  • Lesedauer: 6 Min.
Beau Greaves gewann in dieser Saison auf der PDC-Tour der Frauen unglaubliche 86 Partien am Stück.
Beau Greaves gewann in dieser Saison auf der PDC-Tour der Frauen unglaubliche 86 Partien am Stück.

Die größte Bühne des Dartssports kennt sie schon. Vor drei Jahren stand Beau Greaves schon einmal vor der Scheibe in der West Hall des Londoner Alexandra Palace. In der ersten Runde der Weltmeisterschaft traf die damals 18-Jährige im »Ally Pally« auf William O’Connor. Die junge Britin aus Doncaster lieferte dem favorisierten, doppelt so alten Iren einen harten Kampf. Doch letztlich gingen alle drei Sätze an O’Connor. Greaves’ WM-Debüt beim Weltverband Professional Darts Corporation (PDC) endete schnell nach nur einem Match.

Es war eine Niederlage, mit der sie länger zu kämpfen hatte. Noch im Sommer vergangenen Jahres erklärte Greaves: »Männer und Frauen sollten getrennt spielen. Ich glaube nicht, dass jemals eine Frau im ›Ally Pally‹ gewinnen wird. Das zu glauben, wäre albern.« Eine Aussage mit ordentlich Sprengkraft – denn die inzwischen 21-Jährige gilt seit ihrer Kindheit als eines der größten Talente ihres Sports. Expert*innen und Profis sehen in ihr seit Langem die Frau, die den Sprung in die von Männern dominierte Weltspitze schaffen kann.

Vom Supertalent zur Weltmeisterin

Tatsächlich kannte Greaves’ Karriere bisher nur eine Richtung: steil aufwärts. Schon mit elf Jahren nahmen ihr Vater und ihr älterer Bruder sie regelmäßig mit in den Pub, damit sie immer montags in der Amateurliga deutlich ältere Spieler*innen besiegen konnte. Ein Freund ihres Vaters gab ihr in dieser Zeit ihren Spitznamen, den sie bis heute trägt: »Beau ’n’ Arrow«, übersetzt mit dem gleich klingenden »bow« als Pfeil und Bogen. Mit zwölf Jahren war sie fester Bestandteil der englischen Junior*innenauswahl. Und im Alter von 13 verkündete sie in einer kurzen Dokumentation der »BBC«, in der sie mit dem dreimaligen Weltmeister Michael van Gerwen ein paar Pfeile warf: »Ich glaube, ich kann eines Tages Weltmeisterin werden. Ich glaube, jeder ist schlagbar.«

Nur fünf Jahre später setzte sie diese Aussage in die Tat um. Im Frühjahr 2022 kürte sich Greaves im Finale des zweiten großen Darts-Weltverbandes, der World Darts Federation (WDF), die ein Turnier nur für Frauen veranstaltet, zur jüngsten Weltmeisterin aller Zeiten. Von ihrem Preisgeld kaufte sie sich einen Mini Cooper und einen Hundewelpen. Wenig später folgt die Einladung der Professional Darts Corporation für die gemeinsame WM der Männer und Frauen in London. Der Weg zu den noch größeren und lukrativeren Turnieren der PDC schien vorherbestimmt. Doch dann folgten die Erstrundenniederlage gegen O’Connor und eine einschneidende Verbandsentscheidung.

Eine folgenschwere Entscheidung der PDC

Zur Saison 2023 verkündete die PDC, dass sich alle Darts-Spieler*innen zukünftig entscheiden müssen, ob sie an der geschlechterübergreifenden Weltmeisterschaft in London teilnehmen wollen oder an den getrennten WM-Turnieren der WDF. »Es ist eine Schande, dass wir uns entscheiden müssen. Ich verstehe das nicht. Ich würde gerne beides machen«, äußerte Greaves als amtierende WDF-Weltmeisterin scharfe Kritik an der neuen Regelung.

Gleichzeitig gab sie aber auch zu, dass die teilweise feindselige Atmosphäre im »Ally Pally« und die Außenseiterinnenrolle gegen die Männer ihr weniger Freude bereitet hatten, als gedacht. »Es ist nicht einfach, wenn man auf die Bühne geht und extrem gut spielen muss, um jemanden zu besiegen. Aktuell spiele ich lieber gegen Frauen, als mich gegen Männer zu überfordern«, sagte Greaves zu ihrer Entscheidung, in den vergangenen beiden Jahren nicht an der WM in London teilzunehmen.

Eine Fabelsaison verändert alles

Stattdessen verteidigte sie 2023 und 2024 souverän ihren Weltmeisterinnentitel und heimste einen Turniersieg nach dem nächsten ein. Denn die PDC veranstaltet – um es noch etwas komplizierter zu machen – zwar keine geschlechtergetrennten Weltmeisterschaften, hat dafür aber eine eigene Turnierserie für Frauen. 2023 gewann Greaves in dieser Serie zwölf von 24 Events. 2024 waren es acht Siege. Vereinzelt nahm sie in den letzten zwei Jahren auch an vor allem von Männern besetzten Events teil, schied dort aber immer früh aus.

Ein Trend, der sich in dieser Saison grundlegend geändert hat. Im Frühjahr erreichte Greaves als erste Frau überhaupt die vierte Runde der UK Open. Dort hatte sie Luke Humphries, die aktuelle Nummer zwei der Weltrangliste, am Rande einer Niederlage und verlor am Ende nur ganz knapp. Für noch mehr Aufsehen sorgte ihr Duell mit Superstar Luke Littler im Halbfinale der Nachwuchs-WM im Oktober. In einem hochklassigen Duell besiegte Greaves den amtierenden Weltmeister, der auch bei der aktuellen WM wieder als großer Favorit gilt.

Das Nachwuchs-Finale vor zwei Wochen gegen den Niederländer Gian van Veen konnte Greaves dann zwar nicht gewinnen. Trotzdem spielt »Beau ’n’ Arrow« aktuell die wohl beste Saison in der Geschichte des Darts der Frauen. In diesem Jahr gewann sie 18 der 24 Turniere und blieb dabei unglaubliche 86 Partien am Stück ungeschlagen. Die totale Dominanz ließ auch Greaves, die bei Turnieren immer von ihrer Schwester Bobbi begleitet wird, umdenken.

Die WM in London ist nur der Anfang

Im Podcast »Tops and Tales« mit Darts-Referee Huw Ware sprach sie während ihrer Siegesserie über ihre veränderten Ambitionen, auch gegen die männlichen Superstars Siege einzufahren: »Manchmal denke ich, ich will dieses Leben, ich will es schaffen und erfolgreich sein, aber ich genieße auch das Frauen-Darts.« Sie wolle weiterhin dazu beitragen, dass auch bei Frauen-Turnieren hochklassiger Sport zu sehen ist, erklärte Greaves. Gleichzeitig zeigte sich die 21-Jährige bereit, für die Herausforderung im Londoner »Ally Pally« auch gegen die besten Männer anzutreten: »Ich würde es lieber probieren und scheitern, als zurückzuschauen und zu denken, ich hätte das machen sollen.«

Die PDC-Weltmeisterschaft, bei der seit Donnerstag insgesamt 128 Teilnehmende – darunter fünf Frauen – um die fünf Millionen Pfund Preisgeld werfen, soll für Greaves dabei nur der erste Schritt sein. Durch ihre Erfolge in dieser Saison hat sie für die nächsten zwei Jahre eine Tour-Karte für die großen Turniere der PDC sicher. Auch nach der WM, die mit dem Finale am 3. Januar endet, wird Greaves also wesentlich öfter gegen die besten Darts-Spieler antreten. Ob sie zukünftig ganz auf Frauen-Turniere verzichtet, ließ sie im »Tops and Tales«-Podcast bewusst offen: »Ich frage mich, ob ich glücklich damit werde, den Rest meines Lebens gegen Männer zu spielen.« Ihre Rückkehr in den »Ally Pally« wird Greaves dafür den nächsten Hinweis liefern.

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