Leck in der Erdölleitung

PCK-Raffinerie hat aber Reserven, die wochenlang reichen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.
Blick auf das verunreinigte Gelände am Leck der Erdölleitung.
Blick auf das verunreinigte Gelände am Leck der Erdölleitung.

Das Öl spritze in einer bis zu 20 Meter hohen Fontäne aus der Leitung, die vom Ostseehafen Rostock bis zur PCK-Raffinerie in Schwedt führt. 200 000 Liter Öl sind auf zwei Hektar Acker gespritzt. Am Mittwoch hatten sich zwei Sicherheitsbolzen an der Schiebestation nahe Gramzow in der Uckermark aus noch nicht geklärter Ursache gelöst. Dort wird der Durchfluss geregelt. Offenbar ist die Havarie durch Vorbereitungen für einen Sicherheitstest verursacht worden.

»Alle Informationen, die uns vorliegen, deuten darauf hin, dass das Leck in der Pipeline bei Wartungsarbeiten entstanden ist«, erklärt Brandenburgs Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) am Donnerstag. Eine absichtliche Fremdeinwirkung könne demnach ausgeschlossen werden. Also waren weder Klimaaktivisten noch Terroristen am Werk.

Die PCK-Raffinerie in Schwedt versorgt die Tankstellen in Berlin und Brandenburg mit Benzin und Diesel und den Flughafen BER in Schönefeld mit Kerosin. Sie liefert auch Kraftstoff nach Polen. Autofahrer müssen allerdings nicht fürchten, dass sie an den Zapfsäulen nichts bekommen. Die Raffinerie verfügt über mit Rohöl gefüllte Lager. Allein die Reserve würde für die kommenden Wochen ausreichen, versichert Minister Keller. Außerdem bekommt die PCK-Raffinerie GmbH weiterhin kasachisches Öl aus der Druschba-Erdölleitung. Aus dieser Leitung war bis zum Importverbot für russisches Erdöl Anfang 2023 schon seit 1964 sibirisches Öl geflossen. Darüber hinaus erhält die Raffinerie inzwischen auch Öl über den polnischen Hafen Gdańsk.

Indessen ist das Leck der Pipeline bereits geschlossen. PCK-Geschäftsführer Ralf Schairer erwartet, dass sie schon in ein oder zwei Tagen wieder in Betrieb genommen werden kann. Schairer bedauert die entstandenen Schäden und beteuert, das Unternehmen werde dafür aufkommen.

25 Mitarbeiter und etwa 100 Feuerwehrleute waren im Einsatz. Sie saugten mit Pumpwagen das ausgetretene Öl ab und legten Sperren aus, um ein Abfließen in die Welse zu verhindern, die ein Nebenfluss der Oder ist.

»Die Grundwasser- und Bodenbelastung wird uns noch Jahre beschäftigen – mit Folgen für Landwirtschaft und Grundwasser«, warnte Frank Viehberg von der Umweltorganisation WWF. Jeder Tropfen, der unkontrolliert in die Natur gelange, sei einer zu viel, zitiert ihn die Nachrichtenagentur dpa. »Es ist Zeit, aus der Logik der Risikobereitschaft auszubrechen«, meint Viehberg.

»Die Sicherheit der Umwelt und der Menschen haben oberste Priorität«, versprach Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD).

»Diese Havarie ist die Quittung für das Nichthandeln der Bundesregierungen«, kommentierte der Bundestagsabgeordnete Christian Görke (Linke). »Jedem war klar, dass diese kleine Versorgungsröhre nicht für die dauerhafte Versorgung der PCK-Raffinerie ausgelegt war und ist.«

Ursprünglich war die Leitung gebaut worden, um Kraftstoff nach Rostock zu schaffen und von dort per Schiff zu exportieren. Seit dem Embargo für russisches Öl landen dort nun aber volle Tanker an und das Öl wird nach Schwedt gepumpt.

Weil sie damit viel mehr als früher beansprucht ist, soll die Leitung ertüchtigt werden. So wie jetzt unter Volllast war sie vor 2023 nie benutzt worden. Der Bund will mit 400 Millionen Euro Fördermitteln den Großteil der Ertüchtigung bezahlen, erhält aber bislang dafür keine Genehmigung von der EU. Dass die Bundesrepublik so viel Geld für eine private Firma springen lassen will, die obendrein zu 54 Prozent dem russischen Staatskonzern Rosneft gehört, wird von der EU-Kommission als Wettbewerbsverzerrung und damit als unzulässig gewertet.

Davor hatte der Bundestagsabgeordnete Görke von Anfang an gewarnt. Er forderte jetzt erneut, dass der Bund die Anteile von Rosneft übernimmt. Wenn dem Bund die Raffinerie gehört, darf er auch investieren, wie es ihm beliebt. Am besten sollte nicht die alte Leitung ertüchtigt, sondern gleich eine neue gebaut werden, die dann auch in der Lage wäre, Wasserstoff zu transportieren und der Raffinerie damit eine langfristige Perspektive zu eröffnen, fordert Görke schon von Beginn an.

- Anzeige -

Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.

Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln

Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.

- Anzeige -
- Anzeige -