Gute Jobs durch Erneuerbare

Lausitz-Konferenz des DGB: Braunkohle als erstes Ass im Ärmel

  • Klaus Muche, Großräschen
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf seiner Lausitz-Konferenz diskutierte am Dienstag der DGB die Chancen der regenerativen Energien in der Braunkohle-Region.

Schon der Titel der diesjährigen Lausitz-Konferenz »Gute Arbeit durch Erneuerbare Energien« muss einigen Funktionären in die Nase gefahren sein. Dieter Scholz, DGB-Chef für Berlin und Brandenburg, erklärte, was gute Arbeit ist: »Ein gutes verlässliches Einkommen und eine unbefristete Beschäftigung«. Scholz erwähnte immerhin auch den Anspruch auf eine »sinnvolle Arbeit«. Wie sinnvoll aber ist eine möglichst lange Übergangszeit für den Ausstieg aus der Braunkohle, während sich das Weltklima wenig um gewerkschaftliche Handbücher schert und sich einfach nach den physikalischen Gesetzen verändert? Angesichts dessen, dass die Branche der erneuerbaren Energien weiterhin astronomische Zuwachsraten aufweist, empfahl Scholz seinen Kollegen noch: »Man muss immer zwei Asse im Ärmel haben!«

Das erste Ass verwandelt sich aber bereits in eine Lusche. 2004 zählte die Kohleindustrie in Mitteldeutschland und der Lausitz noch 10 000 Arbeitsplätze, Tendenz weiter sinkend. Dagegen werden die regenerativen Energien allein im dünnbesiedelten Brandenburg Ende dieses Jahres schon auf 5000 Jobs angewachsen sein, in Sachsen auf weitere 9000. Die Entwicklung ist gegenläufig und tatsächlich schon auf einem klimafreundlichen Weg.

Gegen den Strom schwimmt Brandenburgs Umweltminister. Dietmar Woidke (SPD), der vom Vorsitz des Braunkohlenausschusses ins Umweltministerium gewechselt war, kann sich eine Zukunft ohne Tagebau nicht vorstellen. Entsprechend heftig wehrt er sich gegen eine Volksinitiative, die Neuaufschlüsse verhindern will. Sekundiert wurde Woidke von seinem Parteikollegen Dieter Friese, Landrat im Spree-Neiße-Kreis, der den Gewerkschaften bildhaft erklärte, wie übel die Nebenwirkungen einer Biogasanlage sind. »Seit Monaten« beschäftige ihn eine 20-Megawatt-Anlage, für die noch eine Fläche gesucht werde, auf der Mais für 300 000 Tonnen Silage wachsen kann. Zusätzlich brauche die Anlage »60 000 Tonnen Gülle, die 1500 Lkw-Ladungen füllt und im Umkreis von 50 Kilometern herangeschafft werden soll«. Was ist bei solch einem Horrorszenario die erwarte Aufheizung des Weltklimas um ein paar Grad?

Dass mit Energie und Rohstoffen anders umgegangen werden muss, stand indes überhaupt nicht zur Diskussion. Solide Gewerkschaftsarbeit scheint ohne klassisches industrielles Wachstum nicht denkbar. Effizienzrevolution? Kein Thema für den DGB in der Lausitz.

»200 000 Beschäftigte in Wind, Sonne und Wasser, 20 Milliarden Euro Umsatz im Jahre 2006 und ein rasantes Wachstum«, rechnete Angelika Thomas vom IG-Metall-Hauptvorstand den neuen Branchen deutschlandweit zu. Dass sich daraus durchaus auch Zukunftschancen für die Lausitz ergeben können, sehen dort nur Grüne und LINKE. Im Revier ticken die Uhren anders.

Verständlich ist dagegen, dass die Gewerkschafter die Sozialstandards der altehrwürdigen Stromwirtschaft zur Messlatte erheben. Vom Solarmodulhersteller First Solar wurde wenig Erfreuliches berichtet. Hier werde rund um die Uhr in 12-Stunden-Schichten auch am Wochenende gearbeitet und weit unter Tariflohn gezahlt. Stundenlöhne von fünf Euro und Einsatz von Leiharbeitern seien in der Branche keine Seltenheit, bei einem erschreckenden West-Ost-Gefälle. Bei Vestas in Lauchhammer sei inzwischen ein Betriebsrat installiert, die Manager von First-Solar orientierten sich dagegen mehr am »amerikanischen Betriebsklima«, hieß es. »Die Solarbranche ist den Kinderschuhen entwachsen«, sagt DGB-Chef Dieter Scholz. »Die Geduld neigt sich dem Ende entgegen.«

Auch für die Leute, die immer noch durch den Kohle-Bergbau vertrieben werden, gilt dieser Satz. Nur eben anders.

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