Bäume sollen Geld bringen

Klimabürokraten wollen Waldvernichtung mit finanziellem Anreiz bekämpfen

  • Michael Lenz, Nusa Dua
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Entwaldung der Welt geht mit Riesenschritten voran. In Südamerika müssen jährlich 4,5 Millionen Hektar Wald Platz machen für Weideland, Sojabohnenfelder und Straßen. Am schlimmsten betroffen ist das Amazonasgebiet.

»Klimawandel und die Entwaldung des Amazonas verstärken sich gegenseitig«, warnt der WWF auf der Klimakonferenz in Bali in seinem Amazonasreport. »Wenn der gegenwärtige Trend in der Landwirtschaft, dem Wachstum des Viehbestands, bei Waldbränden, Dürren und Abholzung anhält, dann ist sind 55 Prozent Amazonasregenwald bis zum Jahr 2030 verschwunden oder schwer zerstört.«

Wälder spielen eine zentrale Rolle im globalen Ökosystem. Sie sind Kohlendioxidschlucker erster Güte. Auf der anderen Seite setzt die Abholzung riesige Mengen des Kohlendioxids als wichtigstes Treibhausgas frei, das die Erdatmosphäre zunehmend erwärmt und das Weltklima aus dem Gleichgewicht zu bringen droht. Abholzung ist die Ursache für 20 Prozent des weltweiten CO2-Austoßes. Von Greenpeace über die Weltbank bis hin zu Regierungen erschallt von der internationalen Klimakonferenz auf Bali der Ruf »Rettet den Wald«. In der Theorie wissen auch alle, wie das geschehen soll: durch finanzielle Anreize, die den Erhalt von Wald (mindestens) so lukrativ machen wie das Abholzen.

In Indonesien, Gastgeberland der Klimakonferenz, werden jährlich 1,9 Millionen Hektar Regenwald abgeholzt. »Das ist weltweit eine der Hauptquellen für Kohlendioxidemissionen«, heißt es in dem auf Bali veröffentlichten Bericht des Center for International Forestry Research (CIFOR). Ursache ist die weltweit steigende Nachfrage nach Palmöl und Chinas Bedarf an Zellstoff für die Papierproduktion. In Zentralafrika sind der Bedarf an Feuerholz und die Holzkohleproduktion treibende Kraft für den Verlust von jährlich vier Millionen Hektar Wald.

Das Zauberwort zur Trendumkehr der Waldvernichtung heißt »Markt«. Die Idee: waldreichen Ländern wie Indonesien, Brasilien oder Kongo sollen finanzielle Anreize geboten worden, wenn sie ihre Bäume stehen lassen. Die Klimabürokraten lieben ihre Abkürzungen. Für die Waldrettung – »Reducing Emissions from Deforestation and Degradation« – heißt sie »REDD«. Zur Debatte steht die Einbeziehung von REDD in den CO2-Markt des Kyoto-Protokolls. Mit handelbaren CO2-Emissionszertifikaten könnten Firmen aus den reichen Staaten einen Ablass ihrer Klimasünden erhalten und die Entwicklungsländer ein Milliardeneinkommen dafür bieten, dass sie ihre Bäume stehen lassen. Wie aber die CO2-Reduzierung gemessen werden kann, das weiß noch niemand. »Dafür brauchen wir Pilotprojekte«, sagt Yvo de Boer, Exekutivdirektor des UN-Klimasekretariats. Das gleiche gilt für die Kosten. In einer in Bali vorgestellten wissenschaftlichen Studie schätzt das CIFOR den Finanzbedarf sehr grob auf »zwischen 2,3 und 23 Milliarden Dollar pro Jahr«. Dem markwirtschaftlichen Rettungsansatz versetzt CIFOR einen Dämpfer. Generaldirektorin Frances Seymour sagt: »Es besteht die Gefahr, dass die Politiker nicht in Betracht ziehen, dass die Zerstörung der Wälder von einer unglaublichen Vielfalt von politischen, wirtschaftlichen und anderen Faktoren verursacht werden, die ihren Ursprung außerhalb der Forstwirtschaft haben und deshalb gesonderte Lösungen brauchen. Besonders im Visier: Subventionen für die Landwirtschaft und Korruption.

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