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Angelo Lucifero / Dem thüringischen Gewerkschafter droht eine Kündigung
Er polarisiert und regt die Leute auf. Jetzt hat der thüringische Gewerkschafter Angelo Lucifero seinen Job verloren – das hat eine Welle der Solidarität ausgelöst. Seit Mitte Dezember sei der ver.di-Sekretär von seiner Tätigkeit suspendiert, berichtete die »junge welt« (jw). Ver.di-Landesbezirksleiter Thomas Voss bereite eine »außerordentliche Kündigung« vor. Begründung: Lucifero habe in »unzulässiger Weise persönliche politische Arbeit auf Kosten und mit Mitteln der Gewerkschaft betrieben«.
Der aus Italien stammende Antifaschist gehört zu den profiliertesten Gewerkschaftern Thüringens. Der gelernte Industriekaufmann, der zudem an der Kunsthochschule Florenz studiert hat, kam 1990 von Hessen nach Thüringen und war in der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen tätig, arbeitete später für die gewerkschaftliche Organisierung des Wach- und Sicherheitspersonals.
Beliebt ist Lucifero nicht. In Gewerkschaftskreisen sei man »nicht glücklich« über den »Dauer-Demonstranten«, hatte die »Ostthüringer Zeitung« (OTZ) im August 2007 getextet. Er fühle sich »als Ausländer stigmatisiert«, wenn »auf die Spielregeln des Rechtsstaats verwiesen wird«, glaubte die Zeitung zu wissen. Die NPD lässt es sich nicht nehmen, den OTZ-Beitrag genüsslich zu zitieren.
Der Zeitpunkt könnte nicht ungünstiger sein. Im Januar steht Lucifero vor dem Erfurter Amtsgericht. Verhandelt werden Ereignisse vom März 2007: Lucifero hatte sich bei einer Veranstaltung in der Erfurter Innenstadt gegen Neonazis mit einer Schreckschusspistole zur Wehr gesetzt. Er war daraufhin zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr sowie 120 Tagessätzen verurteilt worden. Das Urteil wurde zur Bewährung ausgesetzt, Lucifero legte Berufung ein
Auslösend für die Kündigung könnte jedoch ein Durcheinander mit einer gewerkschaftlichen antirassistischen Mailing-Liste sein. Bei einer Umstellung hatte sich die Liste in ein Spam verwandelt und alle Mitglieder mit Unmengen von Mails überschüttet. Ein gefundenes Fressen für die NPD. Jemand hatte ihnen die »Skandaliste« (Original-Orthografie NPD-Website) gesteckt. Alle Mail-Adressen der Liste veröffentlichte die NPD im Internet.
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