»Die Unternehmen schert das keinen Deut«
Scholz' Pläne für Praktikanten gehen nicht weit genug, meinen DGB, LINKE und Studenten
Erschreckende Ergebnisse einer Studie: Nur jeder Dritte bundesweit schafft den nahtlosen Einstieg ins Arbeitsleben. 43 Prozent der Berufseinsteiger machen mindestens ein Praktikum – nur ein Fünftel von ihnen wird danach übernommen. Der Rest hangelt sich weiter und wartet – und ist dabei doch bereits hochqualifiziert.
Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) hatte die entsprechende Studie im Auftrag seines Ministeriums am Dienstag in Berlin vorgestellt. Nun will er mit einer »Klarstellung« im Bürgerlichen Gesetzbuch auf eine bereits existierende Regelung hinweisen, die eine angemessene Vergütung von Praktika vorschreibt. Zudem soll eine alte Vorschrift neu belebt werden, nach der für ein Praktikum ein schriftlicher Vertrag erforderlich ist.
Der DGB bedauerte die Entscheidung des Ministers, nichts an den gesetzlichen Grundlagen ändern zu wollen. »Schon heute soll ein Praktikum ein ›Lernverhältnis‹ und die Vergütung ›angemessen‹ sein«, äußerte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock gestern und weiter: »Wir wissen, dass sich viele Unternehmen darum keinen Deut scheren.« Sehr-brock fordert Scholz auf, Praktika generell auf drei Monate zu begrenzen, um Missbrauch mit dem Lernverhältnis auszuschließen.
Praktika nach dem Studium, sind längst zu einer Art Übergangsarbeitslosigkeit geworden. Aber auch Nicht-Akademiker sind zunehmend von der Entwicklung betroffen. »An einer gesetzlichen Regelung gegen den Missbrauch von Praktika führt kein Weg vorbei«, kommentierte daher auch Nele Hirsch, bildungspolitische Sprecherin der LINKEN im Bundestag.
Bereits im letzten Jahr hatte ihre Partei einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der aber nicht länger diskutiert wurde. »Nun müssen die anderen Fraktionen Farbe bekennen und zeigen, ob sie die Ausbeutung von Absolventen in unbezahlten Praktika-Schleifen weiter hinnehmen wollen oder endlich Gegenmaßnahmen ergreifen«, sagte Nele Hirsch. Der freie zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs) fordert eine gesetzliche Regelung, die zudem eine Mindestvergütung vorsieht.
Den Arbeitgebern gehen die Vorschläge von Olaf Scholz dagegen schon zu weit. Die geforderten Regulierungen verhinderten die Bereitstellung notwendiger und gewünschter Praktikumsplätze, sagte der Vizepräsident der Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), Gerhard F. Braun, in der gestrigen Ausgabe der »Financial Times Deutschland«. Die Forderung nach »zwingender Vergütung bedeutet das Aus beidseitig gewünschter Praktika«.
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