Im Zeichen des Iltis
Teile der radikalen Linken versuchen, sich verbindlicher zu organisieren
Maulwurf und Igel waren beliebte Symbole linker Organisationen. Jetzt will die Interventionistische Linke (IL) einen Iltis zu ihrem Erkennungszeichen küren. Immerhin beginnen beide mit »IL«, so die halb ernste, halb spaßige Begründung. »Für eine Linke, die dazwischengeht«, heißt die offene Arbeitskonferenz, zu der die IL am Wochenende an die Marburger Universität einlädt.
Seit mehreren Jahren bemühen sich Einzelpersonen und Gruppen aus der undogmatischen und post-autonomen Linken, sich als organisierte Strömung zu verstetigen. Bei den Gipfelprotesten von Heiligendamm im letzten Juni trat sie erstmals wahrnehmbar in Erscheinung. Kritische Stimmen blieben nicht aus. So werfen einige Teile der radikalen Linken der IL Beliebigkeit vor, unter anderem wegen ihrer vergleichsweise offenen Bündnispolitik und angeblich zu positiven Sicht auf die G8-Proteste.
Diese grundsätzliche Debatte klingt auch bei der Eröffnungsveranstaltung am Freitagabend an. Unter dem Titel »Zwischen Ereignis und Kontinuität, Autonomie und Organisierung, Radikalität und Bündnissen« sollen die Erfahrungen der globalisierungskritischen Bewegung von Genua im Jahr 2001 bis Heiligendamm 2007 ausgewertet werden. An den folgenden beiden Tagen stehen Arbeitsgruppen zu sozialen Kämpfen, Klimapolitik, Antifaschismus und Antimilitarismus im Programm. Die Tagung schließt mit einer Podiumsdiskussion, auf der sich Angela Klein von der Euromarschbewegung, Werner Rätz vom Koordinierungsrat von Attac und Christoph Kleine von Avanti über mögliche gemeinsame Aktionen austauschen.
Ein ähnlicher Versuch, aus den Erfahrungen von Heiligendamm Handlungsanleitungen für die Zukunft abzuleiten, ist bei den Perspektiventagen im Januar in Berlin nach Einschätzung vieler Teilnehmer ziemlich gefloppt. Warum sollte Marburg erfolgreicher enden? »Frust und Enttäuschung werden sich auch bei der IL nicht vermeiden lassen«, meint ein Vertreter der Antifa KOK, die das Projekt unterstützt. Doch er sieht bei der IL das Bemühen, aus der gesellschaftlichen Marginalisierung herauszukommen.
Für Moe Hierlmeier von der Fantômas-Redaktion haben die Aktivitäten gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm gezeigt, dass eine interventionsfähige Linke etwas erreichen kann. Doch auch er fragt sich, wie diese Erfahrungen in die inhaltliche Bündnisarbeit vor Ort übertragen werden kann. Schließlich lag wegen der Vorbereitungen der G8-Aktivitäten genau diese Arbeit oft brach.
Das ist auch der Grund, warum die schon lange angekündigte Konferenz erst knapp zehn Monate nach Heiligendamm stattfindet. In der Zwischenzeit war die IL im Grunde nicht wahrnehmbar. Man habe Zeit für die internen Klärungsprozesse gebraucht, sagt ein IL-Mitglied. In autonomen Kreisen, die ohnehin skeptisch sind, unken einige, dass die IL spätestens im Jahr 2009, wenn die Mobilisierung gegen den G8-Gipfel in Italien ansteht, wieder auftauchen wird.
»Ich verstehe die IL nicht als tagespolitisches Projekt«, sagt dagegen Katja Strobel vom Institut für Theologie und Politik Münster. Sie warnt vor zu großen Erwartungen an die Marburger Arbeitskonferenz: »Es geht um einen langfristigen Organisierungsprozess.«
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