Von Schatten und Spuren

Mannigfaltige Überwachungsmöglichkeiten bei digitaler Kommunikation

  • Lorenz Matzat
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit technischen Maßnahmen kann man sich gegen Bespitzelung schützen. Doch wenn Telekommunikationsdienstleister wie die Deutsche Telekom selber schnüffeln, ist man nahezu machtlos.

Der Datenhunger ist seit Beginn dieses Jahres Gesetz. Mit dem Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung wird bei Gesprächen per Handy auch die jeweilige Funkzelle und damit der Standort bei den Telekommunikationsunternehmen für sechs Monate gespeichert. Generell gilt für Telefonate, E-Mails oder den Besuch des Internets, dass keine Inhalte gespeichert werden, sondern nur Verbindungsdaten.

Für staatliche und andere Neugierige ist aber sicherlich nicht nur von Interesse, wann, wo und wie lange kommuniziert wurde, sondern vielmehr, was. Sieht man von Strafverfolgungsorganen ab, die sich gegebenenfalls unmittelbaren Zugang bei den Telekomdienstleistern verschaffen können, kommt es für andere Dritte auf die Art des Informationsaustausches an, der überwacht werden soll. Telefonate per Mobilfunk etwa sind ohne Kooperation des Dienstleisters nur mit äußerst hohem technischem Aufwand mitzuhören, da sie generell verschlüsselt sind. E-Mails dagegen sind für Computerexperten einfach mitzulesen. Deshalb werben Datenschützer dafür, diese zu verschlüsseln. Als beste Lösung gilt PGP (www.gnupg.org), eine kostenlose, recht unkomplizierte Software, die in das eigene E-Mail-Programm eingebunden und, wenn überhaupt, nur höchst aufwendig geknackt werden kann.

Der andere Internetverkehr ist bedingt sicher. Wenn Dritte Textnachrichten (Instant Messaging) und Internettelefonie (VoIP) sowie das Surfen im Netz mitschneiden wollen, müsste unbemerkt Software auf dem Rechner des zu Überwachenden installiert werden. Dies ist entweder per Schadprogramm im E-Mail-Anhang oder durch direkten Zugang zum Gerät möglich. Im Zusammenhang mit dem »Bundestrojaner« machten Vereine wie der Chaos Computer Club darauf aufmerksam, wie man sich wirksam gegen solche Ausspähversuche schützen kann.

Handelt es sich bei dem neugierigen Dritten um das Telekommunikationsunternehmen selbst, hat man jedoch schlechte Karten. Der Transporteur der Informationen hat – abgesehen von verschlüsselten E-Mails – unmittelbaren Zugriff auf alles. So beeilte sich die Deutsche Telekom AG nach Bekanntwerden des Abhörskandals zu versichern, die Kundendaten seien sicher. Es gebe das Prinzip des »need-to-know«, also ein Verfahren, nach dem der jeweilige Mitarbeiter nur an die Daten des Kunden gelangen könne, die er für seine Funktion benötige. Auch lägen die Daten in speziell gesicherten Räumen, die nur ein begrenzter Personenkreis betreten dürfe.

Doch genau diese Vorkehrung der »Konzernsicherheit« ist in den aktuell bekannt gewordenen Bespitzelungsfällen offenbar problemlos umgangen worden. Im digitalen Zeitalter sind unzählige Computer in die Kommunikation eingebunden. Jeder Informationsaustausch hinterlässt Datenschatten und -spuren. Selbst wenn der unmittelbare Inhalt nicht nachvollzogen werden kann, lässt sich mit der Kenntnis über das Wann, Wo und Wie lange automatisiert eine umfassende Überwachung realisieren. Die Vorhaben des Innenministeriums zielen darauf, eben immer mehr dieser Daten zu sammeln. Die technische Hürde besteht darin, diese Spuren entsprechend auswerten zu können. Die anhaltenden Pannen bei der Hartz-IV-Software oder dem polizeiinternen Dateninformationssystem zeigen allerdings, dass die Bundesbehörden bislang noch Schwierigkeiten haben, riesige Mengen von Informationen sinnvoll zu verarbeiten.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal