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Alles bereit für die »Nati«

Gastgeber Schweiz will gegen Tschechien ersten Sieg bei einer EM

Die Fahnen sind aufgezogen, die Absperrgitter aufgestellt, die Fernsehschirme hängen gut sichtbar über den Fanmeilen, die Kamerapositionen im Basler St. Jakob-Park sind eingerichtet. Alle Kommentatorenplätze sind durchnummeriert und an den Biertresen allerorten stapeln sich die Fässer des Hauptsponsors in reichlicher Anzahl. Es kann losgehen.

Heute um 18 Uhr eröffnen die Schweizer mit dem ersten Spiel der Gruppe A die 13. Europameisterschaft. Begleitet von einem großen Konvoi, angeführt von der Kantonspolizei, sind die eidgenössischen Fußballer vom Teamhotel in Feusisberg kommend in Basel eingetroffen, gestern Nachmittag absolvierten sie das letzte Training, bevor sie heute im 42 500 Zuschauer fassenden St. Jakob Park auf die Nationalmannschaft aus Tschechien treffen.

Das Fest beginnt für die Schweizer, deren rotes Nationaltrikot in diesen Tagen in fast jedem Schaufenster des Landes zu sehen ist. Die Nation scheint geradezu fußballbesessen. Die Erwartungen sind groß im kleinen Alpenländli, das bei der WM 2006 verzückt mitangeschaut hatte, wie die »Nati« in Deutschland bis ins Achtelfinale einzog, um in Köln in einem denkwürdig lahmen Match ohne einen einzigen Treffer im Elfmeterschießen gegen die Ukraine auszuscheiden. Umso größer war die Vorfreude auf den heutigen Tag. Philippe Senderos, Verteidiger in Diensten von Arsenal London ist froh, dass es los geht: »Wir spielen zu Hause, das ganze Land steht hinter uns, und der Druck, der dadurch auf uns liegt, beeinflusst uns auf keinen Fall negativ.«

Für Trainer Jakob »Köbi« Kuhn ist die EM nach sieben Jahren eine Abschiedstour. Für den Coach, unter dessen Leitung die Schweizer zu neuer Größe fanden, lauten nun die Qualifikationssschritte in der Gruppe A Tschechien, Türkei und Portugal. Nach dem Turnier wird Ottmar Hitzfeld, der aus Lörrach nahe Basel stammt, die Geschicke übernehmen. Sollte Kuhn das Viertelfinale erreichen, wird sich Hitzfeld eine lange Zeit Vergleiche gefallen lassen müssen.

Nach dem 0:4-Schock in der Vorbereitung – angeblich herrschte an jenem Abend Totenstille in den Basler Straßenbahnen – wähnen sich die Schweizer inzwischen wieder auf dem richtigen Weg, um bei ihrer siebenten Endrundenteilnahme endlich einen Sieg zu erringen, am besten gleich heute. Gegen die Tschechen soll dazu betont offensiv agiert werden. Tranquillo Barnetta von Bayer Leverkusen: »Wir wollen Vollgas geben und die Tschechen überrennen, so dass sie denken: Was ist hier los?«

Die Tschechen reisten gestern aus dem österreichischen Seefeld an. In ihrem Gefolge, so schätzt es das Schweizer Grenzwachtkorps, werden bis morgen 10 000 Fans in Basel anlangen. Die Fußballverrücktheit kennt auch bei den Tschechen keine Grenzen. Um Aufschluss über die Aufstellung zu erhalten, die der 68-jährige Trainer-Routinier Karel Brückner für den EM-Auftakt plant, erklommen am Mittwoch clevere Reporter einer Prager Zeitung die Toni-Seelos-Olympiaschanze in Seefeld: Mit Feldstechern beobachteten sie die letzten Trainingseinheiten ihrer Mannschaft und wollen anhand der Verteilung der Trainingsleibchen erkannt haben, das Tschechien mit einer zurückhaltenden 4-5-1-Taktik beginnen wird, mit Sturmriese Jan Koller im Angriff, aber ohne den Torschützenkönig der EM 2004, Milan Baros.

Dass Tomas Rosicky verletzt fehlt und der einstige Mittelfeldstrippenzieher Pavel Nedved nicht mehr in der Auswahl spielt, macht den Tschechen keine Bange. David Jarolim vom HSV soll die Spielmacherrolle übernehmen. »Der Druck lastet auf den Schweizern. Wir brauchen uns nicht zu verstecken«, sagt denn auch der stets behelmte Torwart Petr Cech vom FC Chelsea. Natürlich, es werde für beide ein schwieriges Spiel. »Aber wir wollen kein 0:0. Wir wollen gewinnen.« Cech schloss sich danach der allgemeinen Torhüterschelte an: Bei diesem Flatterball werde man viele Tore aus 30 Metern sehen. Die meisten Zuschauer im St.Jakobs-Park würden sich dies – im Falle Cech – schon heute sehr wünschen.

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