Neuer Betreiber, alte Probleme

Infostelle am Atommülllager Asse eröffnet / BfS kündigt Transparenz an

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Pleiten und Pannen prägten die Debatte um das Atommülllager Asse in den vergangenen Monaten. Um die verschreckte Bevölkerung zu beruhigen, eröffnete das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Montag eine Informationsstelle.

Peter Dickel warnte vor allzu großer Harmonie. »Mit dem Betreiberwechsel ist noch keines der Probleme in der Asse gelöst«, erklärte der Atomkraftgegner. Mit einer Mahnwache hatten Umweltschützer bei frostigen Temperaturen am Atommülllager Asse vergeblich auf Sigmar Gabriel gewartet. Doch der Bundesumweltminister hatte den Termin zur Eröffnung des Asse-Informationszentrums wegen Krankheit abgesagt.

Mit der Info-Stelle hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) nach den Worten eines Sprechers »einen wichtigen Meilenstein für eine transparentere Kommunikation« gesetzt. Die Gabriel unterstellte Behörde ist seit Jahresbeginn Betreiber der Asse. Das frühere Salzbergwerk, in dem etwa 90 000 Tonnen Atommüll in 126 000 teils korrodierten Fässern lagern, hatte 2008 durch Laugenzuflüsse und vertuschte Pannen jede Menge Schlagzeilen produziert.

So wurde bekannt, dass Atommüllfässer mit Gabelstaplern einfach über Abhänge gekippt oder in bereits volle Kammern gequetscht, radioaktiv belastete Laugen ohne Genehmigung in tiefere Bereiche gepumpt oder in andere Bergwerke gebracht, Studien über die Baufälligkeit des Bergwerks zurückgehalten wurden. Auch Ministerien und Behörden gestanden in den vergangenen Monaten. schwere Versäumnisse ein, Gabriel nannte die Asse gar den »GAU«, den größten anzunehmenden Unfall, in der Endlagerdebatte.

Nach Angaben von BfS-Präsident Wolfram König soll die neue Info-Stelle zentraler Anlaufpunkt für alle Interessierten werden. Das Bundesamt will in dem Pavillon und darüber hinaus bei Veranstaltungen mit Schautafeln, Computer-Animationen und Vorträgen über das Atommülllager informieren.

Auch über den Ablauf der geplanten dauerhaften Schließung werde die Öffentlichkeit unterrichtet, so König. Man wolle »alle weiteren Schritte so gestalten, dass bei wichtigen Entscheidungen die Bevölkerung die Möglichkeit hat, mitzureden.« Die Situation unter Tage bezeichnet König als »sehr ernst«: »Wir haben ein Bergwerk, das einzustürzen droht, ein Bergwerk, in das täglich 12 000 Liter Wasser eindringen und damit die Stabilität weiter entfestigen, und wir müssen jetzt als erstes schauen: Können wir kurzfristig Stabilisierungsmaßnahmen durchführen.«

Bis Ende 2009 soll ein Konzept für die Schließung stehen. Selbst die Rückholung des Atommülls halten die BfS-Experten nicht für ausgeschlossen. Die Bergung der Abfälle aus dem vom Einsturz und Volllaufen bedrohten Bergwerk ist eine Kernforderung der Atomkraftgegner. Der bisherige Betreiber, das Helmholtz Zentrum München, hatte dagegen die Flutung der Grube mit einer salzhaltigen Lösung favorisiert.

Für die Atomkraftgegner sind Transparenz, Bürgerbeteiligung und die ernsthafte Prüfung aller Optionen für eine Schließung allerdings nur ein erster Schritt in die richtige Richtung. Bislang handele es sich lediglich um Ankündigungen des Bundesamtes, erklärte Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis. »Für die Sicherheit wurde noch nicht viel getan«, moniert Seban Seehafer, Sprecher der Aktion Atommüllfreie Asse: »Wir werden weiter aufpassen.«

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