Der Raum aus Geist

Keienburgs Bühnen

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: 2 Min.

Bei dem Wort »Lebenswerk« erschrickt er wohl ein wenig, es verweist auf mehr Vergangenheit als Zukunft. Aber was sich so nennen darf, gibt allen, die Zukünfte vor sich haben, ein Maß an, ein Beispiel für Arbeit, und einen Beleg dafür, wie Arbeit trägt – nie weiß man vorher, wohin. Man nennt das wohl Kunstausübung.

»Idee. Bühne. Welt. Eberhard Keienburg – 50 Jahre Bühnenarbeit« heißt die soeben eröffnete Ausstellung im Schloss Elisabethenburg der Meininger Museen. Keienburg, Jahrgang 1936, Leipziger, wirkte als Ausstattungsleiter am Hans-Otto-Theater Potsdam, am Berliner Ensemble, ab 1974 am Deutschen Theater Berlin, er war jahrelang 1. Bühnenbildner und Ausstattungsleiter. Er bezeichnet Leute seines Standes als »Gedankenarbeiter« wider die Stimmungskulisse, ihm geht es beim Bühnenbild um »überhöhte, konzeptionelle, letztlich geistige Räume«. Eben nicht Welt, Bühne, Idee als bloße Reihung, sondern die Rechnung wird anders aufgemacht: Da ist eine Idee, da ist die Bühne, Strich drunter, Summe ziehen, entstehen muss aus beidem eine eigene Welt, in Konflikt mit dem Drama, in Partnerschaft mit ihm, zuvörderst ein Frei-Raum für Schauspieler. Bilder, in denen man sieht, dass Schauen mehr zutage fördert als nur das Sichtbare.

Man kann in den Bühnenbildern, den akribisch gebauten Modellen, den formprobenden Figurinen Keienburgs die Ahnung von einer Ära erhalten: Sie nannte sich wohl die Zeit der lange tastenden Gemeinschaften, war noch nicht die moderne Geschäfts-Zeit der raschen prompten Ablieferungen. Im ND-Interview 2001 sagte er: »Immer wieder Zweifel am eigenen Talent. Lohnt es sich? Ist nicht alles mit zu viel Schinderei erkauft? Bleibt nicht zu viel Leben auf der Strecke? Die flotte Art, Kunst zu machen und schnell zufrieden zu sein – mir nicht gegeben.«

Auf der Strecke nun: das Gebliebene, wir wollen nicht gleich sagen: das Bleibende; Theater atmet so rasch, lebt wie nichts Anderes die Vergänglichkeit. Alles zu sehen in Meiningen. Bis zum 1. Juni. Es lohnt(e) sich!

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