Berufsunfähigkeit: Jobwechsel muss der Versicherung nicht mitgeteilt werden

Vorsorge

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Der Preis einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung – also der monatliche Beitrag – richtet sich nicht nur nach Eintrittsalter, Gesundheit, Geschlecht und gewählter Rentenhöhe, sondern auch nach dem ausgeübten Beruf. Kurz gesagt: Je riskanter der Beruf, um so teurer wird der Versicherungsschutz sein.

Im Angebot sind zumeist vier Risikogruppen

Viele Versicherungsunternehmen arbeiten mit vier Risikoklassen. Das beginnt mit der Klasse 1, die in erster Linie »Schreibtischtäter« umfasst und geht dann aufwärts bis zur Risikoklasse 4 mit den Berufen, die einen hohen Anteil körperlicher Tätigkeit aufweisen – wie beispielsweise Gerüstbauer. Da hier ein relativ hohes Risiko besteht, dass der Versicherte tatsächlich berufsunfähig wird, fallen die Beiträge für eine solche Berufsunfähigkeits-Police entsprechend hoch aus. Dabei kann es schon um einige Hundert Euro im Jahr gehen.

Beim Abschluss einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung wird grundsätzlich die zuletzt ausgeübte Tätigkeit bewertet – unabhängig von der Qualifikation. Wer also bei Vertragsabschluss einer handwerklichen Tätigkeit nachgeht, wird in die entsprechende Risikoklasse eingeordnet. Wechselt er später in einen Bürojob, hat das keinen Einfluss auf den Beitrag – obwohl das Risiko, berufsunfähig zu werden, durch das veränderte Tätigkeitsfeld eventuell gesunken ist.

Umgekehrt gilt aber auch: Wer zunächst einen Bürojob hatte, dann aber beispielsweise als freiberuflicher Ingenieur nur noch auf Baustellen unterwegs ist, behält ebenfalls seine Risikoklasse – und damit den günstigen Beitrag. Und das, obwohl die neue Tätigkeit unter Umständen viel riskanter ist als die vorangegangene Beschäftigung am Schreibtisch.

Untersuchung der Stiftung Warentest

Nach Darstellung des Informationszentrums der deutschen Versicherer in Berlin ist der Ingenieur derzeit nicht verpflichtet, den Jobwechsel seiner Versicherung zu melden. Stößt ihm etwas zu, dann zählt für die Feststellung, ob eine Berufsunfähigkeit vorliegt, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit.

Übrigens: Die Stiftung Warentest hat im vergangenen Jahr erstmals eigenständige Berufsunfähigkeitspolicen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass mit »Berufsunfähigkeitsschutz pur« sehr hohe Renten möglich sind. Dabei handelt es sich um Policen, die nicht mit anderen Versicherungen kombiniert sind. Abgesichert ist ausschließlich das Risiko der Berufsunfähigkeit.

Vertrag nicht mit Lebensversicherung koppeln

»Finanztest« sieht den Vorteil von Einzelverträgen darin, dass die Höhe der vereinbarten Rente nicht an andere Vertragsbestandteile gebunden ist, sondern relativ frei gewählt werden kann – auch wenn manche Kombiverträge mit Risiko-Policen deutlich preisgünstiger sind. Von Kombinationen mit Kapital-Lebensversicherungen raten die meisten Experten ohnehin ab, weil der Berufsunfähigkeitsschutz nicht mit Altersvorsorge gekoppelt werden sollte.

Die Finanztester haben 59 Tarifangebote untersucht und dabei 16-mal das Prädikat »Sehr gut« erteilt. Bewertet wurden dabei Form und Inhalt der Anträge, die angebotenen Laufzeiten für 26 häufige Berufe – aber in erster Linie die Vertragsbedingungen. Denn ein Antragsteller sollte sicher sein, dass die ausgesuchte Gesellschaft im Ernstfall auch zahlt.

Zu den Kriterien für ein »Sehr gut« zählten unter anderem der Verzicht auf die abstrakte Verweisung und der Einschluss der so genannten Nachversicherungsgarantie. Das bedeutet, dass der Versicherer bei der abstrakten Verweisung in der Leistungsprüfung darauf verzichtet, seinen Kunden auf einen anderen Beruf zu verweisen. Durch die Nachversicherungsgarantie kann bei bestimmten Anlässen wie Hochzeit oder Gehaltserhöhung die vereinbarte Rente ohne erneute Gesundheitsprüfung heraufgesetzt werden.

Mehrere Angebote einholen und vergleichen

Interessenten empfiehlt Warentest, unter den mit »Sehr gut« bewerteten Tarifen auszuwählen und sich mehrere Angebote berechnen zu lassen. Der Preis sollte erst ins Spiel kommen, wenn mehrere gleich gute Offerten vorliegen. Dabei muss man den Unterschied zwischen Netto- und Bruttobeiträgen kennen, weil zahlreiche Gesellschaften ihren Kunden anbieten, kalkulierte Überschüsse mit den Tarifbeiträgen zu verrechnen. Daraus ergibt sich dann der niedrigere Nettopreis.

Bei den Preisen Bruttobeiträge beachten

Überschüsse entstehen zum Beispiel, wenn weniger Versicherte berufsunfähig werden, als bei der Tarifkalkulation angenommen wurde. Maximal muss der Kunde den höheren Brutto- oder Tarifbeitrag zahlen – aber eben erst dann, wenn die Versicherungsgesellschaft die erwarteten Überschüsse nicht erreicht. Deshalb sollte man beim Preisvergleich auch die Bruttobeiträge beachten. Nach Darstellung von »Finanztest« kalkulieren Versicherer aber vorsichtig.

Die von Stiftung Warentest ermittelten Preise gelten für dreißigjährige Muster-Diplom-Kaufleute und Bauingenieure beiderlei Geschlechts, die bis zum Alter von 65 eine Rente von 2000 Euro für den Berufsunfähigkeitsfall vereinbaren. Dabei schwankt der Netto-Jahresbeitrag unter den 16 Spitzenangeboten zwischen 916 Euro und 2443 Euro.

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