Ungeheuerlich

  • Ingolf Bossenz
  • Lesedauer: 1 Min.

Mit dem Votum des Europäischen Parlaments hat die EU am Dienstag den Handel mit Robbenprodukten verboten. »Robbenprodukte« ist ein merkwürdiges Wort, das seinen blutigen Inhalt erst erschließt, wenn man weiß, dass es um Felle, Fleisch und sonstige Teilstücke der mit Spitzhacken massakrierten Meeressäuger geht. Die Grünenpolitikerin Bärbel Höhn sprach von einem »großartigen Erfolg für alle Tierfreunde«.

Dabei stellt sich allerdings die Frage, warum man eigentlich ein »Tierfreund« sein muss, um derart grauenvolle Praktiken und ihre Vermarktung zu verabscheuen. Und zweitens sollte bei aller verständlichen Euphorie nicht vergessen werden, dass die Europäische Union Jahrzehnte brauchte, um endlich zu der jetzt getroffenen Entscheidung zu kommen. Immerhin hatten die USA ein solches Verbot bereits 1972 verabschiedet.

Den definitiven Bann auch für Tierversuche zu verhängen, konnte sich das EU-Parlament am selben Tag indes nicht durchringen. Einzig Tests mit Menschenaffen sollen endlich untersagt und der »Schutz« der anderen jährlich 12 Millionen gequälten Kreaturen verbessert werden. Aber ein striktes Verbot wäre, wie es die CDU-Abgeordnete Elisabeth Jeggle formulierte, »unrealistisch«. Realismus, kann man in Abwandlung eines Nietzsche-Wortes sagen, zeigt sich hier als das kälteste aller Ungeheuer.

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