Steuerzahler sollen für Bankenmüll haften

Gesetzentwurf über »Bad Banks« im Kabinett / Ökonomen sprechen von Bilanzkosmetik

Das Bundeskabinett berät heute einen Gesetzentwurf, der die Bildung dezentraler »Bad Banks« zur Auslagerung toxischer Wertpapiere aus den Bankbilanzen ermöglichen soll. Die Risiken würden dadurch aber nur verschoben – auf den Steuerzahler.

Ein gutes halbes Jahr nach dem Ausbruch der Finanz- und Bankenkrise läuft die Kreditversorgung noch immer holprig. Ein Hauptgrund dafür sind die ständigen Wertberichtigungen vieler Banken für toxische Wertpapiere. Dies frisst das Eigenkapital auf, welches gebraucht würde, um den Kreditkreislauf wieder richtig in Schwung zu bringen. IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn ermahnte erst kürzlich die Regierungen, rasch die Säuberung der Bank-Bilanzen anzupacken.

Die Koalition hat sich am Montagabend auf einen Gesetzentwurf über die Einrichtung von »Bad Banks« geeinigt, der heute im Kabinett beraten werden soll. Danach können die Geldhäuser Zweckgesellschaften außerhalb der Bilanz gründen, in die »toxische« Wertpapiere zu 90 Prozent ihres Buchwertes ausgelagert werden. Im Gegenzug erhalten die Banken eine Schuldverschreibung, für die der staatliche Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin und damit der Steuerzahler für 20 Jahre haftet. Die Banken sollen dafür eine, wie es im Entwurf heißt, »marktgerechte« Gebühr entrichten. An etwaigen Verlusten werden die Aktionäre durch Beschneidung ihrer Dividenden beteiligt.

Der Koalitionseinigung ging ein langes Hin und Her voraus, bei dem der Entwurf etwa in der Frage der Haftung der Aktionäre verschärft, dann wieder gelockert wurde. In der SPD entbrannte zuletzt ein Streit darüber, ob die Schaffung von »Bad Banks« nicht zur Pflicht gemacht werden müsse, da ansonsten wegen der recht hohen Kosten nur wenige Geldhäuser – etwa die bereits teilverstaatlichten HRE und Commerzbank – mitmachen würden. Die Union wiederum fordert die Einbeziehung der Landesbanken, bei denen es aber nicht nur um die Auslagerung von Wertpapieren gehen würde. Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Laurenz Meyer, sagte dem »Kölner Stadt-Anzeiger«, dies sei die »wichtigste Voraussetzung, ehe wir zu einer Verabschiedung des Bad-Bank-Gesetzes kommen«. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) betonte am Dienstag erneut, in Sachen Landesbanken dürften dem Bund möglichst keine finanziellen Risiken entstehen. Laut einem Eckpunktepapier, über das das Kabinett heute ebenfalls berät, sollen die Eigentümer – vor allem Länder, Kommunen und Sparkassen – haften und die Zahl der Landesbanken soll verringert werden.

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac warnt, das »Bad-Bank«-Modell der Regierung könne zum »Fass ohne Boden« werden. Die Risiken beliefen sich laut Schätzungen auf bis zu 600 Milliarden Euro, erklärte Attac-Finanzexperte Detlev von Larcher. Besser wäre es, wenn der Bund »Good Banks« mit den wertvollen Aktiva der alten Banken gründete. Haftung müssten Aktionäre, Manager und Gläubiger übernehmen.

Auch unter Ökonomen stoßen die Regierungspläne weitgehend auf Ablehnung. Es handle sich lediglich um Bilanzkosmetik und eine zeitliche Verschiebung der Risiken, ohne dass das Problem gelöst werde. Die Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro und Martin Hellwig vom Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern etwa fordern ein »Zupacken des Staates« bei insolventen Banken. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat ein Modell vorgeschlagen, wonach der Staat die faulen Wertpapiere bei allen wichtigen Banken zum Preis von Null übernehmen und verwerten solle. Er würde gleichzeitig stärker bei den Instituten einsteigen. Etwaige Überschüsse würden an die Altaktionäre gehen. Diese würden damit im Gegensatz zum Regierungsmodell das Risiko tragen.

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