Irak verhökert seine Ölfelder

Live-Auktion von Serviceverträgen

  • Karin Leukefeld
  • Lesedauer: 3 Min.
Mit einer bizarren Liveschaltung aus Bagdad wurden am Dienstag per Fernauktion Serviceverträge über sechs irakische Ölfelder und zwei Gasfelder eröffnet, an der sich Medienberichten zufolge 35 Ölfirmen aus aller Welt beteiligen, darunter Ölgiganten wie ExxonMobil, Shell und Total.

Unter anderem soll ein von der britischen BP und der staatlichen chinesischen Ölgesellschaft CNPC geleitetes Konsortium in Südirak Öl fördern. Das Konsortium erhielt die Lizenz für das große Ölfeld von Rumeila, das zurzeit eine Förderkapazität von 940 000 Barrel (je 159 Liter) pro Tag hat.

Nicht alle Firmen scheinen mit dem reglementierten Prozedere zufrieden sein, entsprechend zögernd verlief die live übertragene Auktion. Auch Mitglieder des Parlaments äußerten Protest, da die Abgeordneten bei der Vertragsvergabe kein Mitspracherecht haben. Die angebotenen Ölfelder liegen im Süden und Norden Iraks, die Gasfelder befinden sich im Westen und Nordosten der Hauptstadt. Gleichzeitig erklärte das Ölministerium, man werde bisher nicht erschlossene Ölfelder bis auf Weiteres versiegeln, wichtiger sei, die bekannten Felder zu entwickeln. Die angebotenen Verträge haben eine Laufzeit von 20 Jahren und umfassen Vereinbarungen über Rehabilitation der Anlagen, Förderung des Öls und sind eine Art Joint Venture. Ausländische Firmen sind verpflichtet, in Irak mit einer staatlichen Partnerorganisation zu kooperieren. Im Süden ist das die Südliche Ölgesellschaft (SOC), für den Norden ist der Partner noch nicht bekannt.

Ölminister Hussein al-Shahristani hatte zuvor in einer Ansprache an das irakische Volk angekündigt, die Regierung habe das Ziel, im Laufe der nächsten fünf Jahre »die Ölproduktion von 2,4 Millionen Barrel pro Tag auf mehr als 4 Millionen Barrel zu erhöhen«.

37 Jahre nach der Verstaatlichung des irakischen Öls 1972 durch die Baath-Partei wurde damit das Ende der nationalen Kontrolle über Iraks Öl eingeleitet. 30 Milliarden US-Dollar des erwarteten Gewinns (im Verlauf von 20 Jahren) sollen bei den Firmen verbleiben, die mit einem festgelegten Betrag pro Barrel abgegolten werden. Das gilt indes erst, wenn eine bestimmte, von der Regierung festgelegte Fördermenge erreicht ist. Mit dem Rest der Einnahmen will die Regierung den Wiederaufbau der Infrastruktur, Schulen, Straßen, Flughäfen, Häuser und Krankenhäuser finanzieren.

Die Zukunft der nordirakischen Ölfelder, die vor allem in der Umgebung der Stadt Kirkuk liegen, ist noch unklar, da die Zentralregierung in Bagdad über die Zukunft der Ölfelder eine andere Vorstellung hat als die kurdische Autonomieregierung in Erbil. Diese will Kirkuk und damit auch die Ölfelder dem autonomen Kurdengebiet in Nordirak einverleiben und besteht auf einem entsprechenden Referendum, das nach Artikel 140 der irakischen Verfassung auch vorgesehen ist. Weil Ministerpräsident Nuri al-Maliki bisher erfolgreich das Referendum und eine Eingliederung Kirkuks in die kurdischen Gebiete hinauszögern konnte, hatte die kurdische Regierung kürzlich 20 eigene Verträge mit ausländischen Ölkonzernen abgeschlossen, die von der verärgerten Zentralregierung in Bagdad umgehend als ungültig erklärt wurden.

Während die Kurden den ausländischen Firmen Gewinnbeteiligung zugesichert haben, vergibt Bagdad vor allem Serviceverträge. Die kurdische Regierung will auch, anders als Bagdad, ausländischen Unternehmen die Erforschung neuer Ölfelder genehmigen. Artikel 109 der irakischen Verfassung sieht vor, dass Öl- und Gasreserven im Sinne der Marktwirtschaft und für den höchsten Nutzen der Iraker entwickelt werden müssen. Die Kurden werfen Shahristani vor, mögliche Investoren abzuschrecken. Irak verfügt mit 115 Milliarden Barrel über die weltweit drittgrößten Ölreserven. Die angebotenen Felder erwirtschaften davon 43 Millionen Barrel.

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