Monokultur statt »Serengeti«
FAO-Vorschlag: Westafrikas Savanne soll zur landwirtschaftlichen Nutzfläche werden
Jeder kennt sie, die legendäre Serengeti, Heimat von Elefanten, Nashörnen, Büffeln, Löwen, Leoparden und Nomadenvölkern. Diese ostafrikanische Savanne ist Teil eines weit größeren, kontinentalen und artenreichen Savannengürtels nördlich und südlich der tropischen Regenwaldzone von West- bis Ostafrika, der sich von Guinea bis Somalia, von Kenia, Tansania und Mosambik bis Angola erstreckt. 600 Millionen Hektar Land, das Afrika zu einem »Global Player« in der Nahrungsmittelproduktion machen könnte, so die FAO. Bisher werde erst ein Zehntel des Areals landwirtschaftlich genutzt, obwohl 400 Millionen Hektar dieser Guinea-Savannen-Zone aufgrund der Bodenbeschaffenheit und des lokalen Klimas beste Nutzungseigenschaften aufwiesen.
Die Studie basiert auf Vergleichen mit Asien und Lateinamerika, wo die Agrarindustrie Savannengebiete längst unter den Pflug genommen hat. Seit den 1970er Jahren wird vor allem in Brasilien ein ähnliches Ökosystem namens Cerrado – teils mit Hilfe von Weltbankgeldern und Steuervorteilen – großflächig vernichtet und vor allem in Soja-Plantagen umgewandelt, ohne Rücksicht auf in der Region lebende indigene Völker und traditionelle Landnutzung und ohne effektiven Schutz von Biodiversität oder Wasserressourcen. Vertreibung, Landflucht, Tausendfaches menschliches Leid und ein kaum zu ermessender Verlust von kultureller und biologischer Vielfalt, Verseuchung von Böden und Gewässern mit Pestiziden und Dünger sind die Folge.
Die Savannen des Schwarzen Kontinents sind allen Studien zum Trotz wie der Cerrado Brasiliens bewohnt und werden auch genutzt. Tatsächlich liefern sie seit Jahrtausenden ihren Bewohnern vielfältige Nahrungsmittel in Form von Wildfrüchten, Nüssen, Kräutern, Honig, Wildfleisch und kleinräumiger Subsistenzlandwirtschaft. Nomaden nutzen weite Savannengebiete außerdem traditionell als saisonale Viehweide. In der von den Weltbank- und FAO-Experten vorgeschlagenen kommerziellen Intensivlandwirtschaft haben diese Formen einer vielfältigen Nahrungsmittelproduktion keinen Platz. Etliche neue Landkonflikte wie heute schon in Ostafrika durch Ausweitung des Weizenanbaus drohen.
Doch auch global könnte die Umwandlung von 400 Millionen Hektar Savanne negativ spürbar werden – durch Anheizen des Weltklimas. In der Vegetation und den Böden der Savannen ist doppelt soviel Kohlenstoff gebunden wie in den Waldgebieten der gemäßigten Zonen. Als intensiv genutzte Ackerbaufläche würden sie überdies sieben bis zehn mal mehr klimaschädliche Stickoxide freisetzen als natürliche Savannenböden, so eine 2007 veröffentlichte Studie von der Universität von Kalifornien.
Die Tradition falscher Ratschläge der Weltbank scheint sich mit ihrer aktuellen Studie über die Landwirtschaft in der Savanne fortzusetzen.
Lexikon - Savanne
Das Wort Savanne wird heute in zweierlei Bedeutung benutzt. Zum einen nennt man so einen Vegatationstyp der Tropen und Subtropen, bei dem weite Grasfluren mit locker verteilten einzelnen Bäumen oder Baumgruppen durchsetzt sind. Zum anderen hat sich die Bezeichnung Savanne für die Zone zwischen tropischem Regenwald und Wüste eingebürgert. Ihre Lage im Grenzbereich der Passatwinde gibt es einen Wechsel zwischen Regen- und Trockenzeit. In Gebieten mit besserem Wasserangebot wachsen mehr Bäume, während es in der Trockensavanne nur wenige gibt.
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