Wer haftet bei Fehlentscheidungen? Verkauf, Verpachtung, Übergabe an Dritte – wie ist die Rechtslage?
Garagengemeinschaft
Ich bin Vorsitzender einer nicht eingetragenen Garagengemeinschaft. Zwei Fragen bewegen mich. 1. In welchem Umfang haften die Vorstandsmitglieder und wie kann eine eventuelle Haftung vermieden oder eingeschränkt werden?
Randow P., Dresden
Garagengemeinschaften waren zu DDR-Zeiten in der Regel als Personengemeinschaften nach §§ 266 bis 273 des ZGB der DDR organisiert. Darauf kommen nach § 4 Abs. 2 des Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) mangels anderer Vereinbarung der Mitglieder nunmehr die Vorschriften des BGB über die Gesellschaft zur Anwendung. Demgemäß werden aus DDR-Zeiten stammende Garagengemeinschaften in der Regel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach §§ 705 ff. BGB angesehen.
Die neuere Rechtsprechung billigt der GbR Rechtsfähigkeit zu, ohne sie als juristische Person zu betrachten. Das bedeutet, dass für Handlungen derjenigen, die berechtigt sind, für die Gesellschaft zu handeln, zunächst das Gesellschaftsvermögen haftet, wenn es eines gibt. Daneben haften aber die Gesellschafter und zwar alle, nicht nur die Handelnden. Diese Haftung kann in dem Vertrag mit dem jeweiligen Partner ausgeschlossen werden. Wenn also z. B. ein Vertrag über das neue Eindecken der Garagendächer geschlossen wird, kann darin vereinbart werden, dass für die Bezahlung nur das Gesellschaftsvermögen haftet.
Für Ansprüche, die sich aus vertraglich übernommenen Verpflichtungen ergeben, empfiehlt es sich, wenn nicht ein entsprechendes Gesellschaftsvermögen besteht, zweckgebunden Fonds einzurichten. Sie sollten nicht zu knapp bemessen sein. Nach Erledigung der Aufgabe übrig bleibende Beträge könnten wieder an die Einzahlenden zurückgeführt werden, wenn nicht ein Gesellschaftsvermögen gebildet werden soll bzw. wenn sie nicht bestehendem Gesellschaftsvermögen zugeführt werden sollen.
Im übrigen ist in bestimmten Fällen der Schutz gegen Haftungsrisiken durch den Abschluss einer Versicherung möglich. Das betrifft insbesondere die aus der Verkehrssicherungspflicht resultierende Haftpflicht, etwa für Schadensfälle auf dem Garagengelände.
Garagengemeinschaften können allerdings auch als Vereine organisiert sein, bzw. sich von einer GbR in einen Verein umwandeln. Der Unterschied besteht darin, dass der Verein körperschaftlich strukturiert ist und auf einen Wechsel der Mitglieder angelegt ist. Damit hängt zusammen, dass Mitglieder bei ihrem Ausscheiden nicht aus dem Vereinsvermögen entschädigt werden, während neu eintretenden Mitgliedern das Vereinsvermögen zugute kommt.
Bei Gesellschaften erfolgt bei Auflösung oder Ausscheiden Einzelner eine Vermögensausein-andersetzung. Auch Gesellschaften können körperschaftlich strukturiert sein, also über Organe verfügen, was bei Vereinen notwendig ist (§ 26 BGB).
Bei den Vereinen wird zwischen den eingetragenen und den nicht eingetragenen unterschieden. Für die Eintragung ist grundsätzlich erforderlich, dass der Verein auf einen nicht wirtschaftlichen Geschäftszweck gerichtet ist (§ 21 BGB). Er soll mindestens sieben Mitglieder haben (§ 56 BGB). Der Eintragungsantrag muss notariell beglaubigt sein. Die Eintragung erfolgt beim Vereinsregister, das beim zuständigen Registergericht geführt wird. Die Bildung eines eingetragenen Vereins ist also mit einem gewissen organisatorischen Aufwand verbunden.
Ein eingetragener Verein haftet seinen Gläubigern grundsätzlich mit seinem Vermögen. Ein Durchgriff auf das Vermögen der Vorstandsmitglieder kommt nur ausnahmsweise in Betracht, z. B., wenn diese das Vermögen des Vereins beiseite geschafft haben, um Gläubiger zu schädigen. Für Entscheidungen, die den Verein schädigen, die aber nicht widerrechtlich sind, haften die Vorstände nicht.
Auf den nicht rechtsfähigen Verein – das war von der ursprünglichen Konzeption des Gesetzes her der nicht eingetragene Verein – findet nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 54 BGB) das Gesellschaftsrecht Anwendung. Inzwischen wird jedoch auch dem nicht eingetragenen Verein in bestimmter Hinsicht Rechtsfähigkeit zuerkannt.
Die Mitglieder eines nicht eingetragenen Vereins haften nunmehr nicht für die Verbindlichkeiten des Vereins, sondern es haftet der Verein mit seinem Vermögen. Allerdings besteht in diesem Fall außerdem eine Haftung des Handelnden, also desjenigen, der für den Verein tätig wird. Das sind in erster Linie Vorstandsmitglieder, aber auch andere Handelnde. Auch bei den Vereinen, ob eingetragen oder nicht, kann die Haftung in der Weise beschränkt werden, wie bei der Gesellschaft dargestellt.
Aus haftungsrechtlicher Sicht empfiehlt es sich also für Garagengemeinschaften durchaus, einen eingetragenen Verein zu bilden. Allerdings ist dieser Weg praktisch nicht gangbar, wenn die Garagengemeinschaft als solche wirtschaftlich tätig wird, also beispielsweise eigene Garagen an Dritte vermietet.
2. Der Pachtvertrag über die Garagenfläche wurde 1986für 30 Jahre geschlossen und verlängert sich um weitere 30 Jahre, wenn er nicht ein Jahr vor Ablauf der Pachtzeit gekündigt wird. Wie können Verkauf, Verpachtung oder anderweitige Abgabe einer Garage innerhalb einer Garagengemeinschaft an Dritte erfolgen?
Nutzungsverträge über Garagengrundstücke, die zu DDR-Zeiten geschlossen wurden, unterliegen dem Schutz des Schuldrechtsanpassungsgesetzes. Nach heutiger Auffassung handelt es sich dabei um Mietverträge. Darauf kommen grundsätzlich die Kündigungsfristen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zur Anwendung, was bei Garagengrundstücken bedeutet, dass sie ab 31. Dezember 1999 gekündigt werden dürfen und dass die Investitionsschutzfrist sieben Jahre später, also am 31. Dezember 2006, abgelaufen ist. Das heißt, für danach erfolgende Kündigungen ist eine Entschädigung nur zu zahlen, wenn durch die Errichtung der Garage eine Wertsteigerung des Grundstücks erfolgt ist ( § 12 (3) SchuldRAnpG). Das ist insbesondere daran erkennbar, dass die Garage nach der Kündigung als solche weiter genutzt wird.
Nach § 6 Abs. 2 SchuldRAnpG bleiben Vereinbarungen, die Grundstückseigentümer und Nutzer vor dem 3. Oktober 1990 getroffen haben, wirksam, wenn sie nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen. Sie bleiben auch wirksam, wenn anzunehmen ist, dass sie die Beteiligten auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse vorausgesehen hätten. Wenn also im vorliegenden Fall der Nutzungsvertrag über die Garagenfläche mit dem Grundstückseigentümer selbst geschlossen worden ist, können die vertraglichen Regelungen über die Vertragsbeendigung weiter gelten, zumal auch das BGB befristete Mietverträge bis zu 30 Jahren akzeptiert ( § 544).
Wenn die Mietverträge über die Garagenflächen mit den einzelnen Nutzern geschlossen worden sind, empfiehlt sich bei Nutzerwechsel der Abschluss einer dreiseitigen Vereinbarung zwischen Grundstückseigentümer, bisherigem Nutzer und neuem Nutzer, wonach der neue Nutzer an Stelle des bisherigen Nutzers in den Nutzungsvertrag eintritt. Der abgebende Nutzer und der übernehmende Nutzer müssen sich dann über die Rechtsgrundlage der Nutzung der Garage einigen. In der Regel wird diese an den neuen Nutzer verkauft werden
Selbstverständlich ist auch eine andere Form der Übertragung der Garage möglich, zum Beispiel eine Schenkung als vorweggenommene Erbfolge. Möglich, aber weniger gebräuchlich ist die Vermietung einer Garage auf fremdem Grund und Boden.
Risikovoll ist es, wenn der alte Vertrag über die Nutzung der Garagenfläche vom Nutzer gekündigt wird, weil dann das Eigentum an der Garage auf den Grundeigentümer übergeht. Zwar besteht in den Fällen, in denen die Garage weiter genutzt werden soll, regelmäßig ein Entschädigungsanspruch des abgebenden Nutzers gegenüber dem Grundstückseigentümer (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG). Dieser entscheidet dann darüber, ob und zu welchen Bedingungen er dem neuen Nutzer Fläche und Garage überlässt.
Eine Untervermietung der Fläche mit Vermietung der Garage bedarf der Erlaubnis des Vermieters (§ 540 BGB). Außerdem wird diese Möglichkeit häufig durch vertragliche Klauseln eingeschränkt.
Wenn die Garagengemeinschaft die Fläche für die Garagen als Ganzes gemietet hat, dürften sich in dem Mietvertrag Regelungen finden, wie die Garagengemeinschaft die einzelnen Flächen zu vergeben hat. Das ist im Übrigen innergemeinschaftlich auszugestalten.
Prof. Dr. DIETRICH MASKOW, Rechtsanwalt, Berlin
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