»Männer sind einfach blöd«

Podiumsdiskussion in Berlin zum Thema: »Helden wie wir«

  • Simone Schmollack
  • Lesedauer: 2 Min.
In der Veranstaltungsreihe »Gender is Happening« der Heinrich-Böll-Stiftung kamen auch Herren zu Wort.

Während im überfüllten Nebenraum die Sexpertin Laura Méritt Sexspielzeuge vorführte, kämpften die Männer des Podiums »Helden wie wir« noch mit der Technik. Das pralle Programm der Veranstaltungswoche »Gender is Happening« (90 Jahre Frauenwahlrecht, 60 Jahre Grundgesetz, 40 Jahre Stonewall, 20 Jahre Mauerfall) der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin hat an alles und alle gedacht, selbst an die bewegten Männer aus Ost und West. Dieses »Bruderpanel« am Mittwoch war gewissermaßen das gendergerechte Pendant zum »Frauenpolitischen Gespräch: 1989 – 2009«, das zwei Tage zuvor stattgefunden hatte.

Männer – ein weites Feld. Um wenigstens ein bisschen Aufgeräumtheit in dieses von Testosteron umspülte Wirrwarr zu bringen, gibt es ja verbal-soziologische Stereotypen: Macho, Softie, Frauenversteher, Familienernährer, Partner. Aber welches Modell ist nun gesund, aufgeklärt, modern? Der Autor Volker Elis Pilgrim (»Der Untergang des Mannes«), im Westen jahrzehntelang als Begründer der Männerbewegung gehandelt, war der erste strickende Mann im deutschen Fernsehen. Er provozierte mit Sätzen wie: »Der Mann ist sozial und sexuell ein Idiot.« Und auch heute noch sagt Pilgrim: »Männer sind einfach blöd.«

In dieser Hinsicht schien sich das Podium einig zu sein. Auch Stephan Höyng von der Katholischen Hochschule für Sozialwesen in Berlin und einziger Professor für Jungen- und Männerarbeit in der Bundesrepublik entwickelte 1986, als er mit anderen Bewegten eine Männergruppe gründete, geschlechtergerechte Utopien: »Wir wollten das Patriarchat stürzen.« Man(n) war gegen Pornographie, sexuelle und andere Gewalt, Frauenverachtung jeder Art und überholte Rollenklischees. Aus dieser Vision wurde leider keine politische Bewegung, allenfalls eine gut gemeinte Geste. Warum? »Wir waren zu sehr mit unserer Selbstreflexion beschäftigt«, sagt Höyng.

Gab es in der DDR eine Männerbewegung? Chris Schenk, früher als Christina Schenk unter anderem frauenpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen und der PDS im Bundestag, verneinte: »Es gab keine Geschlechterbewegung im Osten, zumindest nicht wahrnehmbar.« Wo es nicht einmal eine richtige Frauenbewegung gab, wo sollte da auch eine für den Mann herkommen?

Überhaupt scheint das Phänomen Männerbewegung eher eine Angelegenheit schwuler Akteure zu sein. Zumindest ist bis heute nicht bekannt, dass heterosexuelle Männer sich massenweise organisieren, um ihr Leben (und das ihrer Familien) zu verbessern, indem sie auf allen Ebenen mehr Partnerschaftlichkeit einfordern.

Der Moderator des Abends, Sven Glawion, Literaturwissenschaftler und Gender-Spezialist, erwies sich als überaus kenntnisreicher, eloquenter und geistreicher Lenker einer Debatte, die dank seiner Gesprächsführung gelungen war. Und das passiert selten, wenn Männer öffentlich miteinander reden.

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