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Heiko Maas will es diesmal wissen

Augen zu und durch: Die SPD im Saarland strebt an die Macht, auch wenn die Umfragen nicht rosig sind

  • Martin Sommer, Saarbrücken
  • Lesedauer: 4 Min.
In rund viereinhalb Wochen wird im Saarland gewählt. Während die Parteien munter über mögliche Koalitionen streiten, wächst die Nervosität. Denn wer nach dem 30. August Ministerpräsident wird, das kann zur Zeit niemand vorhersagen. SPD-Spitzenkandidat Heiko Maas gibt sich kämpferisch und will es diesmal unbedingt schaffen.

Was muss man nicht alles machen, wenn man Ministerpräsident werden will? Heiko Maas ist seit über einem Jahr im Dauerwahlkampf. Unter dem Motto »Ein Abend mit Heiko Maas« ist er landauf landab auf Tour. Samstag war Parteichef Franz Müntefering da – den ganzen Tag lang waren die beiden im Saarland unterwegs. Morgens um elf in der kleinen Gemeinde Heusweiler, um 12.15 Uhr am SPD-Infostand in der Saarbrücker Fußgängerzone. Dann ging es weiter zum DFB-Pokalspiel zwischen dem saarländischen Regionalligisten SV Elversberg und dem SC Freiburg. Es folgte eine Mitgliederehrung im kleinen Hirzweiler und der gemeinsame Besuch des Kirkeler »Wurstmarkts«. Am Sonntag ist Maas sogar auf dem Saarbrücker Christopher-Street-Day auf dem Wagen der Jusos mitgefahren. Es war sein erster Besuch beim CSD. Wahlkampf eben. Da sind auch die Stimmen der Schwulen und Lesben wichtig. Rein zufällig war deshalb in diesem Jahr auch jede Menge anderer Politprominenz dabei: FDP-Landeschef Christoph Hartmann, Saar-Grünen-Chef Hubert Ulrich und die LINKE-Landtagsabgeordnete Barbara Spaniol.

Maas will nichts falsch machen. Er hat es schließlich schon einmal versucht, 2004. Damals hat er klar gegen Amtsinhaber Peter Müller von der CDU verloren. Doch diesmal könnte es klappen. Nicht deshalb, weil das Saarland sich in den letzten Jahren zu einer neuen Hochburg der Sozialdemokratie entwickelt hätte. Tatsächlich hängt die SPD an der Saar seit Langem zwischen 23 und 27 Prozent im Umfragekeller. Nein, Heiko Maas kann aller Voraussicht nach nur dann Ministerpräsident werden, wenn die Konkurrenz von links stark wird – aber auch nicht zu stark. Im Heimatland Oskar Lafontaines will die LINKE »20 Prozent plus X« holen.

Maas ist ein typischer Berufspolitiker: Nach dem Abitur hat er ein Jahr lang bei Ford in Saarlouis am Band gearbeitet – »eine echte Erfahrung« wie er es heute nennt. Dann studierte er Jura, war gleichzeitig bei den Jusos aktiv und wurde 1993, mit 27, deren Landeschef. Ein Jahr später saß er schon für die SPD im Landtag. Wieder zwei Jahre später machte ihn Oskar Lafontaine zum Staatssekretär im Umweltministerium. Als ihn Lafontaines Nachfolger Reinhard Klimmt 1998 zum Umweltminister machte, war Maas gerade einmal 32 Jahre alt – und damit so was wie ein soziademokratischer Jungstar im Saarland.

Doch gerade unter diesem Erbe trägt Maas schwer. Denn für viele Saarländer war er lange Zeit nur »der Junge«. Ein wenig unerfahren, etwas unscheinbar, blass, jungenhaft. Einer, der zwischen den beiden politischen Alpha-Tieren Lafontaine und Müller kaum wahrgenommen wird. In diesem Wahlkampf soll das anders werden. Die Imageberater scheinen ganze Arbeit geleistet zu haben: Der Spitzenkandidat schaut auf Plakaten und Flyern jetzt entschlossen drein, ein Dreitagebart gibt ihm etwas Verwegenes und vor allem Erwachsen-männliches.

2004 hatte Maas Lafontaine noch als Berater und Zugpferd für den Wahlkampf engagiert. Dieses Zugpferd dachte aber kurz vor der Wahl laut über die Gründung einer neuen linken Partei nach – seitdem ist die Beziehung zwischen den beiden gestört. Und doch: Jetzt muss der Sozialdemokrat seinem einstigen Ziehvater und dessen neuer Truppe wieder vertrauen, zumindest etwas. Denn Maas will mit der LINKEN regieren – einen Ministerpräsidenten Lafontaine will er allerdings nicht akzeptieren. Und der hat schon vor Langem erklärt, dass er nicht Minister unter dem Sozialdemokraten werden will – das wolle er ihm doch nicht zumuten.

Bis Mai sah es so aus, als wäre der LINKEN-Chef der Hauptgegner der Saar-SPD. Maas ließ kaum eine Gelegenheit aus, auf Lafontaine verbal einzudreschen. Doch in den Umfragen blieb die LINKE stark und die Sozialdemokraten weiter deutlich unter der 30-Prozent-Marke. Im Frühjahr hat Maas deshalb die Taktik geändert, seitdem nimmt er den Namen Lafontaine nicht mehr in den Mund, er verliert kein Wort mehr über die LINKE. Müller und die CDU sind jetzt seine Gegner.

Inhaltlich gibt es keine Probleme zwischen SPD und LINKEN. Außerdem ist ein rot-rotes-Bündnis für Maas die einzige Möglichkeit, Ministerpräsident zu werden. In einer Großen Koalition würde natürlich Christdemokrat Müller weiterregieren, denn die CDU lässt zwar in allen Umfragen Federn, bleibt aber klar stärkste Partei. Und eine rote Ampel-Koalition, die Maas noch vor einem Jahr als liebste Option immer wieder ins Spiel gebracht hat, wird wahrscheinlich keine Mehrheit haben.

Eins ist klar: Maas könnte auch mit mickrigen 27 Prozent leben, wenn er damit Regierungschef werden kann – sei es mit FDP und Grünen oder mit der LINKEN. Aber noch einmal verlieren und weiter fünf Jahre Oppositionsführer bleiben, dann würde Maas das Verliererimage nur schwer los. Augen zu und durch heißt deshalb die Parole für Maas. Und weiter- kämpfen. Am heutigen Dienstag kommt Klaus Wowereit, am Mittwoch Peer Steinbrück.

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