Von der Schweiz lernen

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.

»Solidarität mit Ernst«. Diese Parole kann man seit einigen Wochen öfter lesen, wenn in der Schweiz Gewerkschafter zusammenkommen. Gemeint ist der 55-jährige Maschinenmonteur Ernst G., der von dem Unternehmen, bei dem er zuvor arbeitete, nach über 39-jähriger Betriebszugehörigkeit Ende April 2009 offiziell aus wirtschaftlichen Gründen entlassen wurde.

Doch die große Schweizer Gewerkschaft Unia, deren Mitglied Ernst G. ist, sieht in der Entlassung die Sanktionierung eines aktiven Gewerkschafters. G. hatte sich als Mitglied der Betriebskommission auch in der Presse kritisch über die Entwicklung der Firma geäußert. Diese, ehemals Benninger nämlich, heißt seit Anfang 2009 Karl Mayer-Textilmaschinen AG.

Die Firma wurde von dem deutschen Unternehmer Karl Mayer mit Hauptsitz in Hessen aufgekauft. Schon vor der Übernahme machten in Schweizer Zeitungen Meldungen über bevorstehende Entlassungen die Runde. Tatsächlich verloren 35 Mitarbeiter ihre Arbeit.

Der Gewerkschafter Ernst G. trug mit dazu bei, dass ein Sozialplan aufgestellt wurde. Zudem wollte er weitere Entlassungen verhindern. »Ich glaube, sie wollten mich loshaben, weil sie mich lästig fanden«, so G. zu seiner Entlassung. Die mit der deutschen Gewerkschaft ver.di vergleichbare Unia stellte sich hinter ihr langjähriges Mitglied und sammelte Unterschriften für die Wiedereinstellung des Gewerkschafters. Diese wurden dem deutschen Firmenchef übergeben. Anders als ver.di, die sich aktuell im Fall der entlassenen Kaiser’s-Kassiererin Emmely etwa nur sehr verhalten für ein langjähriges Mitglied einsetzt, hat die Schweizer Unia den Fall Ernst G. als nicht hinnehmbaren Angriff auf die gewerkschaftlichen Rechte in der gesamten Schweiz bekannt gemacht.

Von Unterstützungsaktionen deutscher Gewerkschafter wurde bisher noch nichts bekannt. Dabei hat Karl Meyer auch im hessischen Hauptsitz der Textilmaschinenfirma Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen angekündigt. Die Schweiz gilt hierzulande als Inbegriff eines Steuerparadieses. Der Fall Ernst G. zeigt, dass man von dort auch in puncto gewerkschaftlicher Solidarität einiges lernen kann.

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